Influenza-Viren in Hühnerfabriken:Ein gefährliches Alter

Regierung will Antibiotika-Einsatz für Tiere einschränken

Schon der enge Raum industrieller Hühnerfabriken beschleunigt die Ausbreitung und das Mutationstempo der Erreger.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)

Das kurze Leben von Masthähnchen ist nicht nur hässlich, es birgt auch besondere Gefahren für den Menschen: Unter den Tieren könnten sich gefährliche Influenza-Viren entwickeln.

Von Kathrin Zinkant

Das Turbohähnchen lebt ein hässliches und kurzes Leben. Kaum 40 Tage wird es alt. Wie könnte eine so flüchtige Existenz das Risiko einer Grippepandemie verschärfen? Dass industrielle Hühnerfabriken beste Brutbedingungen für Influenzaviren bieten, leuchtet ein: Schon der enge Raum beschleunigt die Ausbreitung und das Mutationstempo der Erreger. Bevor aber eine neue gefährliche Variante entsteht, muss das Virus erst einmal in den Stall hinein. Oft stammt es von Wildvögeln, die mindestens 20-mal so alt werden wie Nutzgeflügel. Und genau dieser Altersunterschied soll tatsächlich entscheidend sein.

Evolutionsbiologen von der Universität in Edinburgh haben gezeigt, dass umso mehr neue Grippeviren von einer Vogelgemeinschaft in eine andere hineingetragen werden, je stärker sich die Lebensspannen der beiden Populationen unterscheiden. (PNAS, online). Die Forscher erklären diesen Effekt mit dem Immunschutz: Langlebige Tiere halten mit den Jahren ein immer größeres Virus-Kontingent in Schach. Übertragen auf kurzlebige, ungeschützte Vogelarten können einzelne Erreger dann wieder ihre volle Virulenz entfalten. Der Kontakt einer vierjährigen Wildente mit dem 40-Tage-Hähnchen ist also besonders gefährlich.

Für die Pandemieforschung hat das einige Bedeutung. Ihr Fokus hatte sich zuletzt verschoben: Studien an gefährlichen Mutationen sollten mögliche Pandemieviren vorwegnehmen, um die frühzeitige Entwicklung von Medikamenten zu ermöglichen. Von Wissenschaftlern verschärfte Viren gelten manchen nun als unverzichtbar, sind aber auch umstritten, weil diese Forschung enorme Risiken birgt. Erst kürzlich hatten japanische Forscher aus gefährlichen Genen wilder Viren einen neuen Erreger zusammengesetzt, der sich im Tierversuch als besonders krank machend erwies (Cell Host & Microbes, Bd. 15, S.692, 2014).

Dass so ein Virus zufällig entsteht, ist nur nicht sehr wahrscheinlich. Die aktuelle Studie erinnert daran, dass Raum und Zeit außerhalb des Labors einen eigenen Einfluss auf die Evolution der Viren ausüben. Diese Muster zu studieren, kann vor allem in der Tierhaltung einmal mehr Anlass zur Veränderung bieten.

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