Forschung:Eine Tarnkappe aus Mikrowellen

Amerikanische Physiker bauen ein Gerät, das sich unsichtbar macht. Bisher funktioniert es leider nur mit technisch erzeugten Wellen.

Thomas Bührke

Es ist nicht bekannt, ob die Physiker David Schurig und David Smith bei ihren Experimenten über Harry Potter oder die Tarnkappe Siegfrieds nachdachten. Doch auf gewisse Weise haben die Versuche der beiden Wissenschaftler von der amerikanischen Duke University in Durham, North Carolina, mit dem Thema Unsichtbarkeit zu tun.

Die Fachzeitschrift Science berichtet in ihrer aktuellen Internetausgabe von einer Vorrichtung der beiden, die einen massiven Körper nahezu unsichtbar werden ließ. Allerdings klappt das Verfahren bislang nur mit Mikrowellen einer speziellen Frequenz.

Mit Licht funktioniert die physikalische Tarnkappe nicht. Das Militär könnte sich allerdings für die Erfindung interessieren, denn Flugzeuge und Panzer wären mit einer weiter entwickelten Form dieser Technik von einem Radar kaum mehr zu entdecken.

Tarnung funktioniert nur mit technisch erzeugten Wellen

Auslöser für die Experimente der amerikanischen Physiker war eine Aufsehen erregende Arbeit des Theoretikers Sir John Pendry vom Imperial College in London. Er hatte im Mai dieses Jahres in der Zeitschrift Science beschrieben, wie man mit Hilfe eines so genannten Metamaterials elektromagnetische Wellen um einen Körper herumleiten könnte. Metamaterialien kommen in der Natur nicht vor, sondern werden technisch hergestellt.

Sie verändern elektromagnetische Wellen auf eine Weise, wie die Natur es nicht kann. Dabei wird ausgenutzt, dass Licht aus elektrischen und magnetischen Wellen zusammengesetzt ist und man diese mit Hilfe geeigneter Elektronik beeinflussen kann.

Die Mikrowellentarnkappe von Schurig und Smith beispielsweise ist eine Anordnung kleiner, elektrisch leitender Ringe. Trifft die Welle auf dieses Bauteil, so bringt sie darin Elektronen zum Schwingen, der Ring wird zum Resonator. In ihm fließt ein elektrischer Strom, der ein Magnetfeld erzeugt. Beides wirkt nun seinerseits auf die elektromagnetische Welle zurück.

Je nach Anordnung und technischer Ausführung lassen sich damit elektromagnetische Wellen in unterschiedlicher Weise manipulieren. So kann man Brechungseffekte erzielen, die bei natürlichen Materialien unmöglich sind, oder die Wellen sehr stark abbremsen.

Kleine Kunststoffscheibe in der Mirkowelle

Schurigs und Smiths Metamaterial besteht aus einer Kunststoffscheibe mit zwölf Zentimetern Durchmesser, auf der sie mehrere dünne, konzentrische Ringe aus Kupfer aufbrachten. Auf diese Ringe montierten sie eine Vielzahl kleiner Resonatoren. Diese Scheibe bestrahlten sie von der Seite mit Mikrowellen. Normales Material hätte einen Teil der Strahlung zurückgeworfen und einen Teil absorbiert.

Das Metamaterial aber lenkte die Wellen so um das Bauteil herum, dass sie hinter der Anordnung fast genauso weiterliefen, wie sie vorne eingetroffen waren.

Ein Beobachter auf der Rückseite würde den Körper also gar nicht oder bestenfalls schemenhaft wahrnehmen. "Die Mikrowelle bewegt sich ähnlich um den Körper herum wie Wasser, das um einen glatten Stein fließt", erklärt Schurig.

Kein echter Tarnmantel

Ein echter Tarnmantel ist das aus vielen Gründen noch nicht. Zum einen funktioniert die Scheibe nur mit Mikrowellen der Länge von 3,5 Zentimetern. Je kleiner die Wellenlänge, desto kleiner müssen auch die Bauteile sein. Wollte man einen Körper für Licht unsichtbar machen, müssten die Strukturen kleiner als ein tausendstel Millimeter sein.

Ob das mit künftigen Nanotechniken möglich sein wird, ist derzeit noch unklar. Bestehen bliebe zudem das Problem, dass Metamaterialien nur für eine bestimmte Wellenlänge - sprich Lichtfarbe - funktionieren. Ein Körper, der im roten Licht unsichtbar wäre, würde in allen anderen Farben erkennbar bleiben, wenn auch umgefärbt.

Auch funktioniert Schurigs und Smiths Scheibe im Moment nur in einer Ebene. Deshalb wollen sie als nächstes ein Material entwickeln, das einen räumlichen Körper, beispielsweise eine Kugel, abschirmt.

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