Astronomie:Komet soll den Mars einstauben

An diesem Sonntag rast ein Komet gefährlich nahe am Roten Planeten vorbei - ein extrem seltenes Ereignis, das nur alle Millionen Jahre eintritt. Den Marsmissionen könnte der Brocken gefährlich werden.

Von Alexander Stirn

Im Grunde ist der Komet C/2013 A1 ein Langweiler. Ein kleines Licht in den Tiefen des Alls. Der Erde wird er auf seiner Bahn auch nicht nahe kommen. Dennoch werden sich am Sonntagabend fünf Raumsonden und zwei Roboter auf C/2013 A1 konzentrieren. Hunderte Forscher werden den Kometen verfolgen und vermessen. Im Extremfall könnte der rasende Himmelskörper sogar menschengemachte Forschungsgeräte zerstören.

Komet C/2013 A1 lässt auf seiner Bahn zwar die Erde rechts liegen, dem Mars aber kommt er erstaunlich nahe: An diesem Sonntag gegen 20.30 Uhr deutscher Zeit werden nach aktuellen Berechnungen nur 132 000 Kilometer zwischen dem Schweifstern und der Oberfläche des Roten Planeten liegen, ein Drittel der Entferung zwischen Erde und Mond. "Wir werden Zeuge eines Ereignisses, das nur alle paar Millionen Jahre eintritt", sagt Jim Green, Planetenforscher bei der Nasa. "Der Mars könnte von Kometenstaub eingehüllt werden."

Als C/2013 A1 vor knapp zwei Jahren entdeckt wurde, sah es sogar nach einem Zusammenstoß mit dem Mars aus. Am 3. Januar 2013 beobachtete der Astronom Robert McNaught am australischen Siding-Spring-Observatorium, dass ein zuvor unbekannter Himmelskörper auf die Sonne zurast. Der Komet, nach dem Teleskop Siding Spring genannt, musste direkt aus der Oort'schen Wolke kommen - einem riesigen Kometenparkplatz, am Rand des Sonnensystems. Bei früheren Runden um die Sonne, die vermutlich Millionen Jahre dauerten, war er nie näher als bis zum Jupiter gekommen. Jetzt dringt C/2013 A1 zum ersten Mal ins innere Sonnensystem vor - und schrammt knapp am Mars vorbei.

Nach mehr als 600 Tagen Dauerbeobachtung schließen Astronomen eine Kollision mit dem Mars nahezu aus. Und doch könnte der Schweifstern Probleme machen. Je näher Siding Spring der Sonne kommt, desto stärker erwärmen sich seine Bestandteile - mineralischer Staub und flüchtige Stoffe wie Wasser, Methan und Kohlendioxid. Eine Gas- und Staubhülle bildet sich und formt den Schweif, der bei C/2013 A1 vermutlich 300 000 Kilometer lang sein wird.

Diese Staubhülle bereitet Raumfahrtingenieuren Unbehagen. Sie besteht hauptsächlich aus winzigen Partikeln. Manche Brösel können aber auch einige Zentimetern groß werden. Und sie sind verdammt schnell unterwegs: mit mehr als 200 000 Kilometern pro Stunde. Weltraumschrott, der die Erde umkreist, erreicht etwa 25 000 Kilometer pro Stunde - und ist bereits eine enorme Gefahr für Sonden und Satelliten. Die Partikel von Siding Spring sind acht Mal so schnell und übertragen die 64-fache kinetische Energie. Gefährlich wird es 90 Minuten nach dem Vorbeiflug von Siding Spring. Dann kreuzt der Mars die Trümmerspur des Kometen.

Drei Forschergruppen haben in den vergangenen Monaten untersucht, welche Folgen das für den Mars und die dortigen Sonden haben könnte. Mittlerweile geben sie vorsichtig Entwarnung: Kleine Staubteilchen aus dem Kometenschweif werden demnach vom Druck der Sonnenstrahlung weggeblasen sein, wenn der Mars die Bahn kreuzt. Große, gefährliche Partikel würden zudem mit dem Kometen gemeinsam weiterfliegen.

Es bleibt dennoch Unsicherheit. "Wenn wir in der Vergangenheit eines über Kometen gelernt haben, dann, dass sie äußerst unberechenbar sind", sagt Jim Green. Die aktuellen Marssonden wurden daher so gesteuert, dass sie sich während des Zusammentreffens mit der Kometenwolke auf der abgewandten Seite des Planeten befinden. "Unsere Raumsonden werden wissenschaftliche Beobachtungen machen, dann werden sie sich verstecken, dann folgt wieder die Wissenschaft", sagt die Nasa-Marsforscherin Kelly Fast.

"Wir bereiten uns auf einige spektakuläre Beobachtungen vor", sagt Jim Green. So soll der amerikanische Mars Reconnaissance Orbiter das erste brauchbare Bild eines Kometen aus der Oort'schen Wolke liefern. Alle bislang im Detail untersuchten Schweifsterne kamen aus dem Kuipergürtel, einem Kometenreservoir knapp außerhalb des Neptuns. Ein Objekt aus der 1,6 Lichtjahre entfernten Oort'schen Wolke konnte noch nicht studiert werden. Diese tragen vermutlich unberührte Urmaterie des Sonnensystems in sich.

Mars Odyssey, seit 13 Jahren aktiv, soll sich um die Staubhülle und den Schweif kümmern. Maven, die jüngste US-Sonde im Mars-Orbit, wird erkunden, ob sich die obere Atmosphäre des Planeten erhitzt. Beobachtet wird zudem von der Mars-Oberfläche aus - mit dem seit mehr als zehn Jahren aktiven Rover Opportunity und dem jüngeren Bruder Curiosity. "Normalerweise müssten wir eine Raumsonde bauen und zu einem Kometen schicken. In diesem Fall kommt der Komet einfach vorbei", sagt Kelly Fast.

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