17. Aids-Konferenz:"Ein Ende der Epidemie ist nirgends in Sicht"

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Bald drei Jahrzehnte dauert der Kampf gegen Aids - und noch immer fehlt es an Geld. In Mexiko-Stadt hat die 17. Internationale Aids-Konferenz begonnen.

In Mexiko-Stadt hat die internationale Konferenz Aids 2008 begonnen. Im Zentrum der Beratungen und Diskussionen der rund 25.000 Fachleute auf Hunderten von getrennten Veranstaltungen wird unter anderen die Frage stehen, wie sich die unheilbare Seuche eindämmen lässt.

In Mexiko-Stadt findet derzeit die 17. Internationale Aids-Konferenz statt. (Foto: Foto: AP)

Am Sonntagabend hatte der mexikanische Präsident Felipe Calderón in Anwesenheit von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Tagung eröffnet. Vor mehreren tausend Gästen hoben Experten, wie der Direktor der UN-Institution UNAIDS, Peter Piot, die Erfolge bei der medizinischen Behandlung der Erkrankung hervor. Gleichzeitig betonten sie, dass vor allem bei der Information und sexuellen Erziehung weltweit noch große Defizite bestünden.

Zentrale Themen der Konferenz, die bis zum 8. August dauern wird, sind die Stärkung der Gesundheitssysteme und die weltweite Koordinierung von Aufklärung und Behandlung der Immunschwäche. Auch über die zunehmende Infizierung der indianischen Bevölkerungen soll diskutiert werden. Das Thema, das vor allem in Mittel- und Südamerika zum Problem geworden ist, war bereits bei einer einwöchigen "Vorkonferenz" in Mexiko erörtert worden.

Es handelt sich um die 17. Konferenz dieser Art und gleichzeitig das größte und vielfältigste Treffen zu globalen Gesundheitsproblemen.

Ban ermahnt reiche Staaten

Der UN-Generalsekretär forderte die reichen Staaten auf, die Zusagen von UN und G-8 einzuhalten und bis 2010 einen allgemeinen Zugang zu Medikamenten zu ermöglichen. Ban sagte, der Kampf gegen Aids dauere bald drei Jahrzehnte, doch noch immer gebe es zu wenig Mittel.

"Die Antworten auf HIV und Aids verlangen nach langfristigen und nachhaltigen Finanzierungen." Mehr Menschen würden behandelt und lebten länger, daher müssten die Gelder in den kommenden Jahrzehnten "deutlich erhöh"" werden.

Der Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft, Pedro Cahn, sagte zu Beginn der Konferenz, im Kampf gegen Aids "können und müssen wir besser werden". Trotz großer Fortschritte könne das UN-Millenniumsziel, wonach bis 2010 alle Betroffenen Zugang zu Medikamenten und Präventionsmöglichkeiten haben sollen, nicht eingehalten werden. Aber das Nichteinhalten der Verpflichtungen habe "Auswirkungen auf Millionen Menschen, und wir dürfen nicht zulassen, dass das passiert", sagte Cahn, dessen Organisation die Konferenz organisiert.

Der Direktor des Programms UNAIDS, Peter Piot, sagte, ein Ende der Epidemie sei "nirgends in Sicht. Jeden Tag gibt es fast drei Mal mehr Menschen, die sich neu infizieren, als Menschen, die eine Therapie mit antiretroviralen Medikamenten beginnen".

Die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Margaret Chan, warnte, der Kampf gegen Aids werde sich lange hinziehen. "Wir wagen nicht, unsere Wachsamkeit aufzugeben. Das ist eine unversöhnliche Epidemie."

Besonderen Applaus erhielt die zwölfjährige Keren Dunaway-Gonzalez, ein HIV-positives Mädchen aus Honduras, eine der jüngsten Aids-Aktivistinnen weltweit. Seit ihrem fünften Lebensjahr weiß sie, dass sie HIV-positiv ist. Mit neun Jahren begann sie ihre Eltern, die Gründer der Aids-Hilfsorganisation Llaves, auf Schulbesuchen zu begleiten und über das Leben mit dem Virus zu erzählen.

Dunaway-Gonzales sprach in ihrer Rede von ihren Träumen, die sie nur mithilfe einer medizinischen Behandlung erfüllen könne: "Viele von uns möchten Ärzte oder Lehrer werden", sagte sie. "Ich möchte Sängerin werden. Aber diese Träume können nur wahr werden, wenn wir Medikamente haben, wenn wir in Schulen aufgenommen werden und wenn wir in einer Atmosphäre aufwachsen können, die frei ist von Gewalt, Stigmata und Diskriminierungen."

Erste Aids-Konferenz in Lateinamerika

Die Konferenz in Mexiko-Stadt ist die erste Aids-Konferenz in Lateinamerika, einem Kontinent, in dem HIV-Infizierte oft ausgegrenzt werden. Sie ist zudem die zweitgrößte Aids-Konferenz seit dem Auftreten der Immunschwächekrankheit 1981. Die Welt-Aids-Konferenz findet alle zwei Jahre statt.

Zum Auftakt der Veranstaltung bot Gastgeber Mexiko eine farbenfrohe Eröffnungszeremonie, in der unter anderem Tänzer mit rot-weißen Blumenkleidern und eine Mariachi-Band auftraten.

Als prominente Teilnehmer wurden unter anderen Ex-US-Präsident Bill Clinton und die britische Sängerin Annie Lennox erwartet. Clinton hatte am Sonntag in der senegalesischen Hauptstadt Dakar eine Afrikareise für seine Stiftung gegen Aids und Malaria beendet.

Mädchen und Frauen müssen im Kampf gegen Aids mehr unterstützt werden als bisher, forderte Cornelius Oepen von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Eschborn bei Frankfurt. Denn "sie tragen die Last der Epidemie doppelt und dreifach".

In vielen Entwicklungsländern seien sie nicht nur selbst der ständigen Ansteckungsgefahr durch ihre Männer ausgesetzt, sondern müssten sich auch um Kranke in den Familien kümmern; viele Großmütter trügen die Verantwortung für die Enkel, wenn die Eltern an Aids gestorben seien.

Seit dem ersten Auftreten von Aids 1981 sind weltweit 25 Millionen Menschen an der Krankheit gestorben. Heute leben Schätzungen zufolge 33 Millionen Menschen mit dem HI-Virus, rund 95 Prozent davon in Entwicklungsländern, mehr als zwei Drittel davon in Afrika südlich der Sahara. Dort ist Aids die häufigste Todesursache. Jedes Jahr kommen rund 2,5 Millionen Neuinfektionen hinzu.

Im vergangenen Jahr gab die Weltgemenschaft zehn Milliarden Dollar für den Kampf gegen Aids in armen Ländern aus - 8,1 Milliarden Dollar weniger als laut UNAIDS nötig. Nicht einmal ein Drittel der schwer infizierten Menschen in Entwicklungsländern haben Zugang zu aniretroviralen Medikamenten. Allein um den jetzigen Zugang zu der Medizin zu halten, wären bis 2010 50 Prozent mehr Gelder nötig.

Auch in reichen Ländern ist Aids nach wie vor ein Problem. So nahm in den USA die Zahl der Neuinfektionen laut einem Regierungsbericht zuletzt schneller zu als bislang angenommen. Die US-Präsidentschaftskandidaten Barack Obama und John McCain kündigten an, mehr für den Kampf gegen die Epidemie tun zu wollen.

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