Süddeutsche Zeitung

100 Jahre Hitzerekord:56,7 Grad im Tal des Todes

Vor 100 Jahren stieg die Temperatur im Death Valley im Südwesten der USA auf den höchsten Wert, der jemals von einer Wetterstation gemessen wurde. Ähnlich heiß wird es auch heute noch - trotzdem besuchen etliche Touristen jedes Jahr das Tal. Manchmal mit tödlichen Folgen.

Auf 48,9 Grad könnten die Temperaturen im Death Valley im US-Bundesstaat Kalifornien am Mittwoch steigen, prophezeien die Meteorologen.

Das ist schon unerträglich heiß - doch das "Tal des Todes" kennt schlimmere Temperaturen: 56,7 Grad Celsius wurden dort am 10. Juli 1913 gemessen.

Die Messstation stand damals auf der Greenland Ranch (heute Furnace Creek Ranch) in Furnace Creek. Über zehn Tage hinweg kletterte das Thermometer täglich auf über 51,7 Grad. Bis zum 10. Juli, als trockene Winde die extrem heiße Luft "super hot" aufheizten, berichtet Parkranger Alan Van Valkenburg, der Führungen durch den Death-Valley-Nationalpark begleitet.

Offiziell ist das Death Valley erst seit September 2012 der Rekordhalter. Denn da revidierte die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf eine noch höhere Messung in dem Ort El Azizia im Norden Libyens. Dort waren 1922 angeblich 58 Grad Celsius gemessen worden - allerdings von einem unerfahrenen Beobachter mit veralteten Geräten, befand das Gremium. Deshalb erklärte es die 56,7 Grad zum amtlichen Spitzenwert.

Es ist, "als ob man einen heißen trockenen Ofen betritt", so beschreibt der Meteorologe Dan Berc den Brutkasten. Er selbst arbeitet in Las Vegas, anderthalb Autostunden vom Tal des Todes entfernt. Er kennt die Hitze bestens. Der Mitarbeiter des National Weather Service ist einer von vielen Experten, die am Mittwoch das Jubiläum des weltweiten Hitzerekords im Nationalpark mit Vorträgen, einem Blick auf das Thermometer und ausreichend Wasser feiern wollen.

Abkühlung bietet das Death-Valley-Besucherzentrum im nahen Furnace Creek, natürlich mit Klimaanlage.

Tödliche Gefahr

Der Hitzerekord im Death Valley hatte tödliche Folgen. Ausgerechnet zur Zeit der extremen Hitze 1913 waren zwei Männer nahe der Farm mit dem Auto unterwegs. Der Wagen hatte eine Panne. Einer der beiden, Pete Busch, starb in der Hitze, sein Begleiter Roy Shaw wurde rechtzeitig gerettet.

Nach Park-Statistiken starben seit 1976 fünfzehn Menschen im Tal des Todes durch die Hitze. Darunter ein elfjähriger Junge, der 2009 fünf Tage nach einer Autopanne ums Leben kam, seine Mutter überlebte knapp. Eine Dresdener Familie mit zwei kleinen Jungen verschwand im Juli 1996 in der heißen Wüste. Monate später wurde ihr Mietwagen mit platten Reifen gefunden, erst 13 Jahre danach weiter entfernt Knochenreste.

Schon ein kleiner Spaziergang kann zum Tod führen, warnt Ranger Van Valkenburg. Erst kürzlich, als der Rekord am 30. Juni bei 53,9 Grad Hitze fast geknackt wurde, sei ein Wanderer in den Sanddünen beinahe gestorben. 53,9 Grad war der heißeste Juni-Wert, der je im Tal des Todes gemessen wurde. Trotzdem joggte der hartgesottene "Star Wars"-Fan Jon Rice - wie seit einigen Jahren an jedem 30. Juni - im Darth-Vader-Kostüm die Meile von Badwater Junction zur Furnace Creek Ranch - und posierte gemeinsam mit anderen kostümierten Fans für Fotos vor dem Thermometer. "Ich hatte Sorge, die würden tot umfallen", erzählt Van Valkenburg.

Eine andere Attraktion ist inzwischen das Spiegeleierbraten auf dem heißen Boden im Park. Inzwischen bittet die Parkverwaltung Touristen, keine Eier am Straßenrand aufzuschlagen oder wenigstens Pfannen zu benutzen. Denn die Parkwächter sind in jüngster Zeit zunehmend damit beschäftigt, Eierreste und Schalen vom Straßenasphalt zu kratzen.

Besonders Touristen aus Europa haben den "crazy" Ruf weg, ausgerechnet in den heißesten Monaten durch das Death Valley zu touren. Dabei kann der Ranger die Begeisterung der Touristen für die 240 Kilometer lange Sand- und Steinwüste gut verstehen. Der Nationalpark bietet atemraubende Naturphänomene.

Van Valkenburg verweist auf die Badwater-Salzpfanne. Sie ist mit 86 Metern unter dem Meeresspiegel der tiefste Punkt der westlichen Hemisphäre. Vor kargen Bergketten und Sanddünen flimmert die Hitze. Darüber liegt ein wolkenloser blauer Himmel.

"Ich hasse den heißen Sommer, aber ich liebe die Wintermonate", räumt Van Valkenburg lachend ein. Er findet es "höchst beeindruckend", dass Urlauber im Juli freiwillig ins Tal des Todes fahren. Denn der Winter bringt tatsächlich Abkühlung. Der Kälterekord im Death Valley liegt unter dem Gefrierpunkt, bei minus 9,4 Grad Celsius. Gemessen wurde er ausgerechnet im Januar 1913, ein halbes Jahr vor dem weltweiten Hitzehoch.

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dpa/Barbara Munker/mcs/leja/dd
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