Zypern in der Krise:IWF und Euro-Länder streiten über Schuldenerlass

Zypern Krise IWF

Zyperns Krise in Zahlen

(Foto: SZ-Grafik)

Der Internationale Währungsfonds weigert sich, das Hilfspaket der Euro-Länder für Zypern in der bisher diskutierten Form mitzutragen und fordert stattdessen einen Schuldenschnitt. Schwierig für die EU, die bei Griechenland noch versicherte, es handele sich um einen Einzelfall. Nun ist Hilfe aus Moskau im Gespräch.

Claus Hulverscheidt, Berlin, und Cerstin Gammelin, Brüssel

Der Internationale Währungsfonds (IWF) weigert sich, das geplante Hilfspaket der Euro-Länder für Zypern in der bisher diskutierten Form mitzutragen. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, verlangt der IWF, dass Zypern einen Teil seiner Staatsschulden erlassen bekommt. Anderenfalls werde das Land auch nach Abschluss aller Reformen nicht in der Lage sein, seine Zinslast zu tragen. Auch einige Euro-Länder wollen einen Schuldenschnitt; andere verweisen darauf, dass man beim erzwungenen Forderungsverzicht der privaten Banken gegenüber Griechenland stets betont habe, dass es bei diesem Einzelfall bleiben werde. Breche man dieses Versprechen nun, werde die gesamte Euro-Zone erneut an Vertrauen verlieren.

Derzeit ist noch offen, wie das Problem gelöst werden soll - zumal es nur eines unter vielen ist. Für Länder wie die Niederlande und Deutschland kommt eine Lösung ohne den IWF praktisch nicht in Betracht, da etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Mitwirken des Fonds bei Hilfsprogrammen immer als essenziell bezeichnet hat. Als eine denkbare Lösung gilt, dass Russland fünf Milliarden Euro an den IWF überweist, der das Geld seinerseits nach Nikosia weiterreicht. Damit bliebe der Fonds formal an Bord, müsste aber kein eigenes Geld in die Hand nehmen.

Russische Bürger haben riesige Guthaben auf zyprischen Konten geparkt. In diesem Zusammenhang waren in der Vergangenheit immer wieder Vorwürfe der Steuerflucht und der Geldwäsche laut geworden, die bisher aber nicht bewiesen wurden. Ein Indiz für Unregelmäßigkeiten ist, dass Zypern laut Statistik der mit weitem Abstand größte Direktinvestor in Russland ist. Experten gehen aber eher davon aus, dass sich hinter vielen Zahlungsströmen Gelder verbergen, die aus Russland nach Zypern geschleust, gewaschen und dann zurücküberwiesen werden.

Zypern benötigt Hilfen in Höhe von mehr als 17 Milliarden Euro

Das drittkleinste Mitgliedsland der Währungsunion benötigt Hilfe in Höhe von gut 17 Milliarden Euro, wovon mehr als zehn Milliarden in den völlig überdimensionierten Bankensektor des Landes fließen sollen.

Viele Institute stehen nach fünf Jahren Finanzkrise vor dem Kollaps, zumal die meisten von ihnen in großem Stil im ebenfalls krisengeschüttelten Griechenland engagiert sind. Die 17 Milliarden Euro entsprechen etwa dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt des Landes; das Hilfspaket wäre damit gemessen an der Wirtschaftsleistung das größte, dass die Euro-Staaten je geschnürt haben. "Die Lage in Zypern ist wesentlich dramatischer als die in Griechenland", sagt ein hoher EU-Beamter.

Der Sinn des Schuldenschnitts ist umstritten

Ob ein Schuldenschnitt bei der Lösung der Probleme helfen würde, ist nicht nur politisch umstritten, sondern auch ökonomisch. Gegner der Idee verweisen darauf, dass sich - anders als im Falle Griechenlands - die Anleihen der zyprischen Regierung zum allergrößten Teil in der Hand inländischer Banken befinden. Würden diese nun faktisch genötigt, auf einen Teil ihrer Forderungen zu verzichten, müssten die Euro-Staaten umgehend eine beinahe ebenso hohe Summe zur Rekapitalisierung der strauchelnden Institute aufwenden. Da diese zusätzlichen Darlehen wiederum auf die Staatsschuld Zyperns angerechnet würden, wäre nichts gewonnen.

Offenbar ging es Präsident Christofias vor allem um die Wahl

Die Regierung in Nikosia hätte sich bereits im Dezember für zahlungsunfähig erklären müssen, hätten ihr nicht die Pensionsfonds mehrerer großer Konzerne des Landes am Dienstag Kredite zugesagt. Damit ist wieder Geld da, um bis Februar alle staatlichen Aufgaben bezahlen zu können. Offenbar ging es dem scheidenden kommunistischen Präsidenten Dimitris Christofias vor allem darum, über den Wahltermin am 10. Februar zu kommen. Sein Nachfolger wird damit vom ersten Tag im Amt an um ausländische Hilfe bitten müssen.

Am 11. Januar wird Merkel bei einem Kongress in Nikosia reden - und am Rande wohl auch Christofias treffen, wie auch Vertreter der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission. Am 15. Januar soll der endgültige Bericht über den Zustand und den Finanzbedarf der zyprischen Banken vorliegen. In der Woche darauf tagen dann die Euro-Finanzminister, die nach bisheriger Planung das Hilfspaket in groben Zügen beschließen sollen. Nach Rücksprache mit ihren Parlamenten wollen die Minister dann endgültig zustimmen. Das Geld könnte damit gerade noch rechtzeitig im Februar zur Verfügung stehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: