Süddeutsche Zeitung

Zwischen den Zahlen:Geldlawinen

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Menschen, die über die Entwicklungen an den Finanzmärkten berichten, haben es schwer. Wobei nicht immer klar ist, ob ihnen die kreative Energie zu schnell abhanden kommt oder sie ihrer zu viel besitzen. Ein Lob der Wortakrobatik.

Von Jan Willmroth

Manche Dinge verfliegen einfach zu schnell, als dass es Methoden gäbe, sie einzufangen. Geld gehört dazu, davon ist immer zu wenig da, zumindest behaupten das sogar Leute, die von außen betrachtet viel zu viel davon haben. Meistens sind es aber abstrakte Größen, die allzu schnell verschwinden. Energie zum Beispiel. Besonders flüchtig ist sie, wenn sie kreativ ist: Kreative Energie, der Schmierstoff des Schaffensdrucks von Künstlern und Autoren im weiteren Sinne - nennen wir sie Texter oder Berufsschreiber. Für sie ist Kreativität gerade dann ein schwieriges Thema, wenn sie dafür bezahlt werden, über Entwicklungen an den Finanzmärkten zu schreiben.

Ja, Finanzschreiber, die haben es besonders schwer. Es ist noch immer nicht geklärt, ob diesen Marktbeobachtern die kreative Energie immer viel zu schnell entwischt oder ob sie ihrer zu viel besitzen und es deshalb übertreiben. Etwa, wenn eine Zentralbank die Zinsen senkt und bestimmte Wertpapiere kauft. Wenn man das derart nüchtern beschreibt, wiederholt es sich schnell. Ist dann auch langweilig, versteht eh niemand. Besser: Die Zentralbank flutet die Märkte mit Geld, öffnet die Geldschleusen, pumpt frisches Geld in den Markt, sorgt für eine Geldschwemme. Immer wieder diese Bilder, in denen Märkte in einer Lawine aus Münzen und Scheinen verschwinden. Geldpolitik und Hydraulik, ein sprachgewaltiges Traumpaar. Am Freitag, mehr davon: "Die EZB kauft seit März Staatsanleihen in großem Stil, um mit der Geldflut die Nachfrage anzukurbeln und so eine deflationäre Abwärtsspirale zu verhindern." Noch Fragen? Immerhin, so lesen wir, bremst die Geldschwemme die Talfahrt an den Aktienmärkten, obwohl vor allem Finanztitel Federn lassen mussten, alles klar, Anleger müssen jetzt kleinere Brötchen backen. Zudem warteten Börsianer gespannt auf Euro-Inflationsdaten. Der "Preisverfall auf breiter Front" ist abgewendet. Puh.

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Quelle:
SZ vom 18.04.2015
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