Süddeutsche Zeitung

Zwischen den Zahlen:Bye bye, Brot

Viele Dinge werden Vielflieger nach der Pandemie vermissen. Auch die Frage: Wurst oder Käse?

Von Jan Schmidbauer

Jeder bekommt das, was er verdient: Falls an dieser einigermaßen dämlichen Alltagsweisheit doch etwas dran sein sollte, dann waren Flugzeugreisende auch vor 100 Jahren keine besseren Menschen. Moralisch genauso verkommen wie wir Wochenend-Rom-Urlauber. Auch wenn der Luft-Adel damals nicht billig flog, sondern gigantische Beträge für sein Ticket ausgab und ja auch nicht ahnen konnte, das wegen solcher Lustreisen eines Tages die Gletscher anfangen würden dahinzuschmelzen.

Auf dem Flug der Handley Page Transport, der am 11. Oktober 1919 abhob, war zwar vieles anders (so soll Überlieferungen zufolge kein einziger Anzugträger in sein Handy gebrüllt haben, dass "der Flieger!" gleich starten würde). Doch eines war wohl gleich auf diesem historischen Flug, auf dem erstmals in der Geschichte der Luftfahrt eine Mahlzeit serviert worden sein soll: Es gab Sandwiches.

Ein Fest der Sinne waren die labberigen Schnitten nie. Daran konnten auch die vielen E's nichts ändern, vor denen später auf der Rückseite der Verpackung in Schriftgröße 2 gewarnt wurde. Aber, und das scheint ja gerade bei Bundesbürgern immer wieder Ur-Instinkte zu wecken: Sie waren umsonst. Ein kleines Dankeschön dafür, dass man sich morgens um 6:30 Uhr eingefunden hatte in der Rimowa-Reihe im Terminal 2, wo man sich gemeinsam doch schon jetzt, wenn auch insgeheim, auf das gemeinsame Gratis-Warsteiner freute, was am Abend in 10 000 Metern Höhe über dem Spessart serviert werden würde.

Doch the times, they are a changin', wie Literatur-Nobelpreisträger sagen. Und so werden Vielflieger nach der Pandemie nicht nur das dicke Wunderflugzeug A380 vermissen, das wohl keine Zukunft mehr hat, sondern auch die vertraute Frage "Wurst oder Käse?". Von März an will die Lufthansa auf Kurz- und Mittelstrecken ihr Catering-Konzept umstellen. Gratis gibt es dann nur noch Wasser. Und es wird wohl wie so oft im Leben sein: Manchmal vermissen wir die Dinge erst, wenn sie nicht mehr da sind.

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