Zwischen den Zahlen:Brot und Spielchen

Was bitte ist ein Schoko-Wuppi, was ein Freddy in Käse und wie wurde aus dem Mehrkornbrot ein Fitmacher? Peinliche Produktnamen beim Bäcker sind zum letzten Abenteuer beim Einkaufen geworden.

Von Janis Beenen

Einkaufen ist eine ruppige Veranstaltung geworden. Wer einmal zur Öffnung der zweiten Kasse im Supermarkt war, wird das bestätigen können. Unbescholtene Bürger brettern mit ihren Wagen ans Band - ohne Rücksicht auf Verluste. Her mit den Treueherzen und weiter geht's.

Einen Augenblick des Innehaltens gibt es im Einkaufsgetümmel nur noch an einer Stelle: beim Bäcker. Vertreter dieses Gewerbes neigen dazu, ihren Kreationen interessante Namen zu geben und die Kunden damit zu überrumpeln. Das herzhaft überbackene Teilchen heißt "Freddy in Käse", das Mehrkornbrot ist der "Fitmacher". Eine Herausforderung, auch für hart gesottene Einkäufer. Selbst diejenigen, die sonst jede Rabattschlacht souverän meistern und früh aufstehen, wenn der Discounter in der Aktionswoche Schlauchboote im Sortiment hat, straucheln. Wer bestellt denn bitte einen "Freddy in Käse?" Wie peinlich. Und was denken die anderen Kunden, wenn es "ein halbes Kilo Fitmacher geschnitten" sein darf?

Warum die Bäcker diesen Wahnsinn treiben, lässt sich kaum klären. Vielleicht ist es wie bei stolzen Eltern, die ihren Kindern einen möglichst ausgefallenen Namen schenken möchten. So eine gut gemeinte Idee kann mit den Jahren bekanntlich zur Bürde werden und auch selbstbewussten Bäckereikunden die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Nachmittags muss es manchmal etwas Süßes sein. Nur leider gibt es kein Schokoteilchen, sondern nur einen "Schoko-Wuppi". Das Gestammel beginnt, dazu verzweifeltes Zeigen auf die Auslage. "Ich hätte gerne eins von diesen Schokodingern, da links neben den Croissants." Das Schlimmste, was folgen kann, ist die Belehrung. Die Verkäuferin mustert den Schokoteilchen-Interessenten und stellt die Gegenfrage: "Sie meinen einen Schoko-Wuppi?" Es muss also ausgesprochen werden. "Einen Schoko-Wuppi, ja, ich möchte einen Schoko-Wuppi."

Kuriose Produktnamen sind nicht per se schlecht. Gepriesen sei der Barbesitzer, der einst den "Latin Lover" (frei übersetzt, etwas weniger schwungvoll: Liebhaber aus Lateinamerika) auf die Karte gebracht hat. Ist das immer ein herrliches Gekicher, wenn es in leicht besäuselter Stimmung heißt: "Für mich einen Latin Lover, bitte." Hihihi. Am Ende steht doch nur süße Plörre auf dem Tisch, die den würdigen Teil des Abends eher kürzer denn länger werden lässt. Immerhin haben alle herzlich gelacht.

Wir lernen: Der Name muss schon zu seinem Träger passen. Die Bäcker sollten daher keine falschen Schlüsse ziehen. Wenn die Semmel bald "Latin Lover" heißt, ist niemandem geholfen. Vielleicht brauchen die Backstuben bei der Namensgebung einen guten Berater. Einen "Sales Manager Mehrkorn & Chief Advisor Dinkelbrot" oder ist das als Titel einfach zu peinlich?

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