Zwangsabschaltungen von Windparks massiv gestiegen:Bürger könnten Milliarden für fehlende Stromnetze blechen

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Viel Strom, aber keine Netze - und der Bürger zahlt dafür: Neue Zahlen zeigen, dass den Bürgern durch Zwangsabschaltungen von Windparks bis zu 35 Millionen Euro zahlen müssen. Die Kosten für Anlagen auf hoher See, die nicht ans Netz können, sollen einem Bericht zufolge gar in die Millliarden gehen.

Weil Deutschland nicht genug Stromnetze hat, müssen dramatisch mehr Windparks zwangsabgeschaltet werden. Dafür zahlen die Bürger Millionen Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Beratungsunternehmen Ecofys im Auftrag des industrienahen Bundesverbands Windenergie. Demnach ging vergangenes Jahr der Rekordwert von bis zu 407 Gigawattstunden Windstrom verloren, 2010 waren es 150 GWh - eine Steigerung um mehr als 150 Prozent.

Wenn die Produktion gedrosselt werden muss, weil die Kapazitäten zum Weiterleiten nicht ausreichen, werden die Betreiber dafür entschädigt. Die Kosten dafür werden wiederum auf die Stromverbraucher abgewälzt. Schätzungen aus der Windbranche zufolge könnten diese Kosten 18 bis 35 Millionen Euro für 2011 betragen. Genau ist das aber schwer zu ermitteln, denn der Betrag hängt auch von den Begründungen für die Abschaltung ab.

Am Dienstag hatte die Bundesnetzagentur bereits mitgeteilt, dass sich 2011 mangels Netzen die Zahl der Eingriffe in das deutsche Netz etwa verdreifacht habe. Die starke Belastung im Zuge des rasanten Ausbaus erneuerbarer Energien wird durch die Ecofys-Zahlen nun noch einmal unterstrichen. Allerdings war der Windertrag auch 2011 wesentlich höher als 2010 - mehr Windparks, mehr Abschaltungen.

Risiken tragen die Stromkunden

Schwerpunkte der sogenannten Abregelungen waren der Norden und der Osten. Mit dem nicht eingespeisten Strom hätten etwa 116.000 Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgt werden können. Es handele sich "weiterhin in den meisten Fällen um ein regionales Problem des Verteilungsnetzes", heißt es in der Studie.

Nach dem Entwurf des am Montag vorgestellten Netzentwicklungsplan sollen in Deutschland 2800 Kilometer an neuen Höchstspannungsleitungen gebaut werden, der Großteil entfällt auf drei neue Stromautobahnen von Nord nach Süd. Zudem sollen 2900 Kilometer im Höchstspannungsnetz optimiert werden.

Auch bei Windparks auf höher See kommen Kosten auf den Steuerzahler zu: Die Koalition will am Freitag das Gesetz zum beschleunigten Bau von Offshore-Anlagen kurzfristig auf den Weg bringen. Das Vorhaben mindert die Risiken für die Offshore-Branche, sie werden stattdessen von den Stromkunden mitgetragen. Der Staat garantiert den Betreibern eine Entschädigung, wenn ihre Windparks betriebsbereit sind, aber noch keine Anbindung verfügbar ist. Einem Bericht von Spiegel Online zufolge kommen deshalb auf die Verbraucher in den kommenden drei Jahren Kosten von mehr als zwei Milliarden zu.

Die Fraktionsspitzen beschlossen am Dienstag noch einige kleinere Änderungen an den Regelungen: So sollen Netzbetreiber pro Jahr bei grober Fahrlässigkeit mit bis zu 110 Millionen Euro bei verzögertem Anschluss eines Windparks selbst haften, bei einfacher Fahrlässigkeit mit 17,5 Millionen Euro. Erst danach greift die Absicherung durch die Stromkunden, die dafür ab nächstes Jahr 0,25 Cent pro Kilowattstunden zahlen müssen. Dies war von vielen Versorgern schon in die Tarife für 2013 eingerechnet worden. Der Bundesrat könnte das Paket noch im Dezember endgültig verabschieden.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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