Süddeutsche Zeitung

Zusatzleistungen:Krankenversicherung vom Chef

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Das Angebot von privaten Policen für Mitarbeiter kann noch verbessert werden - davon würden Unternehmen wie Angestellte profitieren.

Von Ilse Schlingensiepen, Düsseldorf

Die Mitarbeiter der SSM Rhein-Ruhr, einem Anbieter von Kommunikations- und Sicherheitstechnik, müssen nicht mehr tief in die Tasche zu greifen, wenn sie eine neue Brille oder Zahnersatz brauchen. Ihr Arbeitgeber hat für sie eine spezielle Versicherungspolice abgeschlossen und zahlt dafür die Beiträge. Geschäftsführerin Heike Wilms will damit die Mitarbeiter belohnen und motivieren. Das Angebot komme gut an, berichtete sie auf der Fachkonferenz "Betriebliche Krankenversicherung" der Süddeutschen Zeitung. Viele Mitarbeiter wüssten, dass die gesetzlichen Kassen bei Sehhilfen und Zahnersatz so gut wie nichts mehr zahlten.

Mit der betrieblichen Krankenversicherung eröffnen Arbeitgeber ihren Belegschaften erleichterten Zugang zu den Zusatzpolicen der privaten Krankenversicherer (PKV), die Lücken in der gesetzlichen Krankenversicherung schließen. "Die Mitarbeiter finden es gut, wenn der Arbeitgeber hilft, das auszugleichen", sagte Volker Sim, Geschäftsführer des Logistikunternehmens Skyline Express International. Er hat für seine Belegschaft neben Zahnersatz und Sehhilfen auch Heilpraktikerbehandlungen, Vorsorgeuntersuchungen und Krankheiten bei Reisen abgesichert.

Gruppenversicherungen für Arbeitnehmer haben günstigere Konditionen als Einzelpolicen, zudem entfällt meist die sonst übliche Gesundheitsprüfung. Oft übernehmen Betriebe die Beiträge ganz oder zum Teil. Manche beschränken sich auf die Organisation, die Mitarbeiter zahlen selbst.

Die betriebliche Krankenversicherung gilt als Instrument der Mitarbeitergewinnung und -bindung. Bislang allerdings ist die Resonanz überschaubar. Schätzungsweise sieben Prozent der Unternehmen haben solche Policen abgeschlossen, rund 300 000 Mitarbeiter sind so geschützt.

Der Direktor des PKV-Verbands Volker Leienbach sieht hier ein großes Potenzial für die Branche. "Ich kann mir vorstellen, dass sich die betriebliche Krankenversicherung als dritte Säule neben der Vollversicherung und der Zusatzversicherung etabliert." Das werde aber dauern. Als ein Hindernis sieht Leienbach die Tatsache, dass sowohl bei Arbeitgeberverbänden als auch bei Gewerkschaften das Thema bislang auf wenig Resonanz stößt.

"Unsere Mitglieder haben ein relativ schwaches Wissen über die betriebliche Krankenversicherung. Sie ist in den Köpfen der Unternehmen und Verbände noch nicht angekommen", bestätigte Volker Hansen von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Angesichts der größer werdenden Herausforderung, Fachkräfte zu finden und zu binden, nehme das Interesse der Wirtschaft zwar zu. "Aber der Prozess braucht Zeit."

Einige Experten halten einen anderen Blick für notwendig. Unternehmen sollten die betriebliche Krankenversicherung nicht nur als Bonus für ihre Mitarbeiter sehen, findet der Gesundheitswissenschaftler Bernhard Badura. "Der einzelne Unternehmer muss für sich erkennen, was er machen muss, um die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu verbessern", sagte er. Deshalb hält es Badura für wichtig, die betriebliche Krankenversicherung mit Maßnehmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement zu verbinden, also Angebote wie Rückenschulen oder Stress-Management zu bieten.

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Quelle:
SZ vom 24.09.2015
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