Zusatzbeiträge der Krankenkassen:DAK-Chef attackiert Politiker

Schlechte Gesundheitspolitik, zu teure Medikamente: Im Streit um Zusatzbeiträge sieht die DAK die Verantwortlichen überall - nur nicht in den eigenen Reihen.

M. Bauchmüller und N. Hardenberg

Mit Verwunderung und Ärger haben die Chefs mehrerer Krankenkassen auf die Diskussion über Zusatzbeiträge reagiert. "Es ist schon befremdlich, wenn Politiker, die die Gesundheitsreform selbst beschlossen haben, jetzt die Kassen dafür kritisieren", sagte der Vorstandsvorsitzende der DAK, Herbert Rebscher. Die DAK wird als eine der ersten Krankenkassen künftig einen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern einfordern. Mehrere Politiker hatten dies kritisiert.

DAK, Zusatzbeiträge, Foto: ddp

Von Februar an verlangt die DAK einen Zusatzbeitrag von acht Euro.

(Foto: Foto: ddp)

"Statt auf die Kassen einzuprügeln, sollte die Regierung lieber benennen, was das wahre Problem ist: Nämlich die ungebremste Ausgabenpolitik der vergangenen Jahre", sagte auch der Verwaltungsratsvorsitzende der Barmer GEK, Holger Langkutsch.

Aus Sicht der Kassen hat die schwarz-rote Koalition in der vergangenen Legislaturperiode die schlechte finanzielle Lage der Krankenkassen bewusst in Kauf genommen, als sie Ärzten und Kliniken deutlich mehr Geld zugestand. "Es war doch allen klar, dass der Fonds unterfinanziert war", sagte der Vorstandsvorsitzende der Siemens Betriebskrankenkasse (SBK), Hans Unterhuber. SBK und Barmer GEK wollen vorerst auf Zusatzbeiträge verzichten.

Die Kassenchefs forderten Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, die Kostensteigerung vor allem bei den Arzneimitteln zu stoppen. "Wir brauchen eine Kosten-Nutzen-Bewertung bei der Einführung neuer Medikamente", sagte Rebscher. Er kritisierte damit die Besonderheit des deutschen Gesundheitswesens, dass Krankenkassen neue Medikamente vom Zeitpunkt der Zulassung an bezahlen, ohne dass ihr Nutzen vorher geprüft wurde. Rebscher forderte außerdem Preisobergrenzen für Arzneimittel.

Suche nach dem Schudigen

In diese Richtung denkt offenbar auch die schwarz-gelbe Koalition. Der Unions-Gesundheitspolitiker Jens Spahn kündigte am Wochenende ein Gesetz an, das die Ausgaben für Arzneien eingrenzen soll. Insbesondere bei teuren patentgeschützten Medikamenten müsse die Koalition prüfen, "wie man hier kurzfristig sparen kann", sagte er der Welt.

Derweil üben sich Regierung und Opposition weiter in Schuldzuweisungen. Gesundheitsminister Rösler schob am Wochenende den Kassen die Verantwortung für die wachsenden Gesundheitskosten zu. "Die Kassen sind in der Pflicht, Zusatzbeiträge möglichst zu vermeiden", sagte er dem Magazin Focus. Geschehe nicht genug, könnten Versicherte wechseln.

Zuvor hatte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Schuld bei Rösler gesucht. Dieser hätte als Gesundheitsminister die Aufgabe gehabt, sich einzuschalten. Statt zu verhindern, dass die Kassen Zusatzbeiträge erheben, lasse Rösler die Dinge "einfach laufen", kritisierte Steinmeier. Wohingegen die Gesundheitsexpertin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, das Problem als "Erblast" von SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sieht: Die Zusatzbeiträge seien eine Konsequenz der Finanzarchitektur des Gesundheitsfonds, beklagte Flach. "Die momentane Situation war vorhersehbar und von der großen Koalition politisch so gewollt."

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