Süddeutsche Zeitung

Zusatzabgabe für Energy Drinks:Frankreich plant Red-Bull-Steuer

Muntermacher oder Krankmacher? Verbraucherschützer warnen vor den schädlichen Folgen von Energy Drinks. Die französische Nationalversammlung will künftig eine Abgabe auf die koffeinhaltigen Brausen erheben. Doch solche Erziehungsmaßnahmen sind umstritten.

Von Sophie Crocoll

Schlaf raubt, so ist es nun einmal, viel Zeit. Diese Zeit wollen sich manche heute nicht mehr leisten. Nächte sollen durchgearbeitet, durchgelernt oder durchgefeiert, zumindest also: effektiv genutzt werden. Energy Drinks versprechen, den müden Körper auszutricksen: Der Zucker in den Getränken liefert Energie, das Koffein putscht auf.

Regt das an? Oder macht es nervös? Hält das geistig fit? Oder macht es schlaflos? Verbraucherschützer warnen schon lange, Energy Drinks bewirkten im besten Falle nichts, machten im schlechtesten aber krank: Unruhe, Übelkeit, Herzrasen gehörten zu den Folgen. Französische Politiker haben sich jetzt letzterer Auffassung angeschlossen: Die Abgeordneten der Nationalversammlung stimmten dafür, auf Energy Drinks künftig eine Abgabe zu erheben, Projektname: Red-Bull-Steuer. Eine Dose mit 0,25 Liter Inhalt könnte künftig dann etwa 25 Cent mehr kosten als heute.

New Yorks Bürgermeister will mit Verboten die Bürger erziehen

Die Abgeordneten begründen das Projekt so: Die Getränke enthielten so viel Koffein, dass der Stoff Menschen nervös, erregbar und schlaflos machen könne, davor warnten Studien. Die französische Gesundheitsbehörde Anses empfahl vor Kurzem, Kinder und Jugendliche sollten überhaupt keine Energy Drinks trinken. Auch wer die Getränke mit Alkohol zu sich nehme, gefährde seine Gesundheit.

Es ist nicht das erste Mal, dass Politiker versuchen, Menschen mithilfe von höheren Preisen oder Verboten zu gesünderen Bürgern zu erziehen. Michael Bloomberg, Noch-Bürgermeister von New York, hat das Thema zu seiner Lebensaufgabe erklärt. Er hat Parks und Strände in seiner Stadt zu rauchfreien Orten bestimmt, Schnellrestaurants gezwungen, öffentlich zu machen, wie viele Kalorien in ihren Gerichten stecken, und versucht, Getränkebecher, die mehr als einen halben Liter fassen, zu verbieten. Das hat allerdings ein Gericht verhindert. "Ich muss meine Kinder schützen und eure", sagte Bloomberg, "und tun, was richtig ist, um Leben zu retten. Fettsucht tötet."

Damit hat Bloomberg sicher recht. Aber dürfen Politiker ihre Bürger bevormunden? Ihnen verbieten, sich zu schädigen?

60 Millionen Euro könnte Frankreich an der Steuer verdienen

Nun schadet, wer sich falsch ernährt, fettleibig und daraufhin krank wird, auch der Gesellschaft. Die Brookings Institution aus Washington beispielsweise schätzt, dass durch Behandlungskosten und Produktivitätseinbußen infolge von Fettsucht der Volkswirtschaft in den USA ein Schaden von jährlich 215 Milliarden Dollar entsteht. Aber müssen dafür alle haften, die gern Burger essen?

Ein Beispiel aus Baden-Württemberg: 2007 hatte die Stadt Freiburg beschlossen, in ihrem Amüsierviertel dürfe auf der Straße (also außerhalb der Bars und Restaurants) kein Alkohol mehr getrunken werden. Das sollte Gewalt bekämpfen. Das Verwaltungsgericht Mannheim kassierte später das Verbot: Eine Verordnung dürfe die Freiheit nur einschränken, so die Begründung, wenn "typischerweise von jedem Normadressaten auch eine Gefahr ausgeht". Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass jeder, der an Wochenendnächten in besagtem Viertel Alkohol trinke oder auch nur dabei habe, regelmäßig gewalttätig werde.

Geht es nicht um ein Verbot, sondern wie in Frankreich um eine Steuer auf ein Produkt, kommt dazu, dass der Staat am gesundheitsschädlichen Verhalten seiner Bürger ziemlich gut verdient. Die Red-Bull-Steuer soll, so Schätzungen, jedes Jahr etwa 60 Millionen Euro an Einnahmen bringen. Ob sie wirklich eingeführt wird, entscheidet sich allerdings erst in den kommenden Monaten. Nach der Nationalversammlung muss sich der Senat mit dem Projekt befassen, dann wird sich wohl auch der Verfassungsrat noch damit beschäftigen. Im vergangenen Jahr hatte dieser eine ähnliche Initiative aufgehalten - die Getränkeindustrie hatte damals dagegen protestiert.

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Quelle:
SZ vom 25.10.2013/sks
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