Zusammenschluss von EADS und BAE Systems:Nationale Eitelkeiten gefährden Rüstungs-Fusion

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Der Superdeal in der Rüstungsindustrie droht zu scheitern: Deutschland und Frankreich feilschen um Staatsanteile, Großbritannien droht mit Blockade. Großaktionär Daimler hält wenig von der geplanten Fusion - und nun mischt auch noch das Pentagon mit.

Benjamin Romberg

EADS-Chef Tom Enders muss sich ein bisschen hilflos vorkommen. Rund um die geplante Fusion zwischen dem deutsch-französischen Rüstungsriesen und dem britischen Konzern BAE Systems wird es immer unübersichtlicher. Neben den beiden Konzernen mischen inzwischen vier große Länder mit: Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA. Wegen der vielen Unsicherheiten droht der schon sicher geglaubte Milliardendeal doch noch zu scheitern - doch hat Enders nur bedingt Einfluss auf die beteiligten Akteure.

Kampfhubschrauber Tiger des Herstellers Eurocopter. Die geplante Fusion des Eurocopter-Mutterkonzerns EADS mit dem britischen Militärflugzeugbauer BAE Systems steht vor großen Hindernissen. (Foto: Getty Images)

Da ist zum einen Frankreich: Die französische Regierung ist nicht bereit, ihre Anteile an EADS zu verkaufen. Derzeit ist das Land mit 15 Prozent am Rüstungskonzern beteiligt, durch die Fusion würden sich die Anteile auf neun Prozent verringern. Damit sei man einverstanden, heißt es aus Paris - ganz aufgeben wolle man die eigene Beteiligung aber nicht.

Das wiederum könnte die Bundesregierung zum Handeln veranlassen. Der deutsche Staat verhandelt bereits seit längerem mit dem Autohersteller Daimler, der insgesamt über 22,5 Prozent der EADS-Anteile wacht. Einen Teil davon, etwa 15 Prozent, möchte das Unternehmen loswerden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits betont, dass ihr auch nach einer Fusion eine Machtbalance im Unternehmen sehr wichtig ist. Sollte Frankreich an seinen Anteilen festhalten, müsste Deutschland nach dieser Logik nachziehen - und sich ebenfalls am Konzern beteiligen.

Großbritannien droht mit Blockade

Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs haben bislang noch keine gemeinsame Haltung zu dem Fusionsvorhaben gefunden. Frankreichs Staatspräsident François Hollande erklärte am Wochenende nach einem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel lediglich: "Wir sind entschlossen, uns eng abzustimmen."

Das Problem: Der deutsch-französische Einfluss dürfte die britische Regierung stören. Die Briten würden den Deal womöglich scheitern lassen, sollte die deutsch-französische Beteiligung am fusionierten Unternehmen insgesamt deutlich über zehn Prozent hinausgehen, will die Welt aus Verhandlungskreisen erfahren haben.

Drei sind drei zu viel, denkt sich EADS-Chef Enders; er will die Bundesregierung dazu bewegen, auf den Deal mit Daimler zu verzichten. Enders wäre es am liebsten, wenn alle Staaten ihre Anteile einfach aufgäben und stattdessen sogenannte "Goldene Aktien" erhielten. Die haben nicht nur symbolischen Wert, sie beinhalten auch ein Vetorecht, zum Beispiel gegen feindliche Übernahmen.

EADS verhandelt derzeit auch direkt mit Daimler. Der Großaktionär ist wenig begeistert von der geplanten Fusion. Seit Bekanntgabe der Pläne haben die Anteile von Daimler bereits an Wert verloren. EADS bietet dem Autohersteller einen Teilausstieg an, dafür will das Rüstungsunternehmen 7,5 Prozent der Daimler-Anteile übernehmen und später am Aktienmarkt verkaufen. "Es werden mehrere Optionen derzeit geprüft", sagte ein EADS-Sprecher.

BAE fürchtet um US-Geschäft

Als wäre die Lage nicht schon unübersichtlich genug, spielt auch das Pentagon noch eine gewichtige Rolle für den geplanten Deal. BAE hat ein sogenanntes Special Security Arrangement (SSA) mit dem amerikanischen Verteidigungsministerium, eine Sondergenehmigung, die dem Unternehmen den Zugang zu sensiblen Informationen ermöglicht.

So ist BAE zum wichtigsten ausländischen Rüstungsunternehmen in den USA aufgestiegen - nicht zuletzt ein Grund, warum eine Fusion für EADS so attraktiv wäre. EADS selbst hat auch ein SSA mit dem Pentagon, allerdings ist die Regelung wesentlich strenger.

BAE erklärte nun, dass man dem Deal nur zustimmen werde, wenn die Fusion die US-Geschäfte nicht gefährde. Die Sondergenehmigung müsste nach einer Fusion angepasst werden, um auch EADS miteinzubeziehen. "BAE wird den Deal nicht machen, wenn sein SSA zu sehr in Richtung EADS verändert wird", sagte aber eine mit den Verhandlungen vertraute Person der Financial Times.

Das Pentagon hält sich bislang zurück. Der zuständige Luftwaffenminister Michael Donley (United States Secretary of the Air Force) erklärte lediglich, dass die Sicherheitsfragen des geplanten Zusammenschlusses erst geklärt werden könnten, wenn mehr Details vorlägen.

Viel Zeit bleibt aber nicht mehr, um all die offenen Fragen zu klären. Am 10. Oktober läuft die Frist der britischen Börsenaufsicht ab. Bis dahin müssen die Unternehmen Details zu ihren Plänen vorlegen.

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