Zum Tod von Aldi-Mitbegründer Karl Albrecht:Das Nötigste ist genug

Pressemitteilung zum Tod von Karl Albrecht (20. Februar 1920 bis

Karl Albrecht war ein Phantom: Erst mit seinem Tod gibt die Familie ein Foto von ihm heraus

(Foto: obs)

Zusammen mit seinem Bruder Theo hat Karl Albrecht das Aldi-Imperium aufgebaut. So wurde er zum reichsten Deutschen, blieb aber bis zu seinem Tod ein Phantom. Ein Porträt des verstorbenen Discount-Erfinders.

Von Mario Lochner

In Rankings wird Karl Albrecht als reichster Deutscher geführt. Etwa 19 Milliarden Euro beträgt sein Vermögen, berechnete das US-Magazin Forbes zuletzt. Im Ranking der Finanzagentur Bloomberg steht er auf Platz 35 der reichsten Menschen der Welt. Doch ein Foto von Karl Albrecht veröffentlichten in der Vergangenheit weder Bloomberg noch Forbes, wie sie es bei fast allen anderen Megareichen dieser Welt machen. Denn Karl Albrecht war ein Phantom: keine Fotos, keine öffentlichen Auftritte. Nun ist er gestorben, im Alter von 94 Jahren.

Über seine Person gibt es wie bei seinem Bruder Theo, der 2010 verstarb, zwar kaum Informationen. Doch weithin bekannt ist das Lebenswerk der beiden Brüder: die Discounterkette Aldi.

Die Geschichte begann 1946 im Essener Arbeiterviertel Schonnebeck, wo Karl und Theo den Laden ihrer Eltern übernahmen. In nur 14 Jahren bauten sie 300 Läden auf. Aber in den frühen 60er Jahren kamen sie in eine Krise, die Konkurrenz der Supermarktketten wurde immer größer und die aufkommende Selbstbedienung bedrohte die Existenz der klassischen Supermärkte. Die Albrechts suchten einen Ausweg und testeten neue Geschäftsvarianten - eine brachte den Erfolg: der Discount.

Radikales Konzept

Es ist bis heute ein radikales Konzept. Die Brüder ordneten alles dem niedrigen Preis unter, dafür mussten die Kosten sinken. Die Albrechts strichen alles, was nicht unbedingt nötig war. Keine fein säuberlichen Regale oder hübschen Plakate, die Albrechts stellten einfach große Warenkartons auf, die Kunden bedienten sich selbst. Das Sortiment umfasste nur ein paar hundert Artikel, was Kosten im Lager, in der Logistik und im Einkauf senkte. Aldi kaufte in großen Mengen und vor allem billig ein. Kühlschränke waren zu teuer, schnell verderbliche Waren flogen deshalb ganz aus dem Sortiment. Erst ab den 70er Jahren kamen nach und nach wieder gekühlte und später tiefgefrorene Waren in die Läden.

Karl Albrecht sagte schon 1953: "Unsere Werbung liegt im billigen Preis."

Aldi - der Name war schnell gefunden, einfach und pragmatisch: Er steht kurz für Albrecht Discount. 1960 teilten die Brüder sich das Unternehmen auf, in Aldi Süd (Karl) und Aldi Nord (Theo). Als Grenze für die Aufteilung der Geschäfte diente die Ruhr. Seitdem hat sich der Discount durchgesetzt. Das Konzept trifft den Nerv der preissensiblen Deutschen.

Weiterhin gilt: nichts Überflüssiges

Und Aldi expandiert: Insgesamt gibt es mittlerweile Tausende Aldi-Läden in Europa, Amerika und Australien. Die Geschäfte sind nicht mehr so schlicht wie in den sechziger Jahren, aber weiterhin gilt: nichts Überflüssiges. Das Nötigste ist genug.

Karl war der ältere der beiden Albrecht-Brüder, er war verheiratet und hat zwei Kinder, Beate und Karl junior, der auch für Aldi Süd tätig war. 2007 wurde Peter Heister, Enkel von Karl senior und Sohn von Beate (deren Nachnamen er trägt), in den Stiftungsrat berufen. Das Gremium kontrolliert die Siepmann-Stiftung, die hinter Aldi Süd steckt und nach dem Geburtsnamen von Karls Mutter benannt ist. In dieser Stiftung steckt das Vermögen von Karl Albrecht.

Dass die Albrechts bis zuletzt sehr zurückgezogen lebten, hat eine Vorgeschichte. 1971 wurde Karls Bruder Theo vor dem damaligen Konzernsitz in Herten entführt. Die Täter waren ein verschuldeter Rechtsanwalt und ein mehrfach vorbestrafter Komplize. Nach 17 Tagen kam Theo für sieben Millionen Mark Lösegeld frei. Ein Trauma für die gesamte Familie.

Theo wollte das Lösegeld von der Steuer absetzen

Die eiserne Sparsamkeit, die den Brüdern nachgesagt wird, zeigt sich auch in diesem Fall: Theo Albrecht wollte das Lösegeld von der Steuer absetzen - scheiterte damit aber vor dem Düsseldorfer Finanzgericht.

Aus dem operativen Geschäft bei Aldi hat sich Albrecht bereits 1993 zurückgezogen. Nachdem er zwischenzeitlich den Vorsitz des Aufsichtsrats übernommen hatte, schied er schließlich 2002 völlig aus dem Unternehmen aus. Das Management ist seitdem nicht mehr in Familienhand.

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