Zum 1. Januar:Löscher krempelt Siemens um

Früher als gedacht verpasst der neue Siemens-Chef Löscher dem Unternehmen eine völlig neue Organisation. Eine Reaktion auf den Schmiergeld-Skandal.

Karl-Heinz Büschemann

Peter Löscher, der Vorstandschef von Siemens, verringert die Zahl der Geschäftsbereiche von zehn auf drei. Die bisherigen Vorstände über den Bereichen fallen weg. Die großen Geschäftsfelder Energie, Industrie und Medizin werden mit einem Vertreter im dann nur noch siebenköpfigen Vorstand vertreten sein.

Löscher, der seit dem 1. Juli Vorstandsvorsitzender des größten deutschen Elektro- und Technologiekonzerns ist, gibt dem Unternehmen schon zum 1. Januar eine völlig neue Organisation. Das gab er auf einer internen Tagung vor etwa 600 Führungskräften des Unternehmens in Berlin bekannt.

Die offizielle Entscheidung über den Konzernumbau soll am 28. November 2007 im Aufsichtsrat fallen. Kern des Umbaus ist die Verringerung der bisherigen zehn Geschäftsbereiche auf die drei Sektoren Energie, Gesundheit und Industrie. Sie stehen für die drei zentralen Geschäfte des Konzerns.

Der Plan Löschers sieht auch den Wegfall einer ganzen Hierarchie-Ebene vor. Bisher wurden die zehn Geschäftsbereiche von jeweils einem eigenen vier- bis fünfköpfigen Vorstand geführt und vertreten.

Drei Männer im Range eines CEO

Die drei Bereiche der Zukunft sollen an der Spitze nur noch einen Verantwortlichen haben, der das Sektorgeschäft auch im zentralen Vorstand repräsentieren wird. Dieser künftige Sektorchef hat Rolle und Kompetenzen eines amerikanischen Chief Executive Officers (CEO), das heißt er, verantwortet die Geschäfte allein.

Dieses Organisationsprinzip, das in Zukunft die Verantwortung nur noch bei einer Person und nicht in einem Führungsgremium ansiedelt, soll auch in den unteren Ebenen fortgesetzt werden. So werden unter den Sektoren sogenannte Divisions eingerichtet und darunter wiederum sogenannte Business-Units.

Auch an der Spitze von Divisions wie Business Units soll in Zukunft ein CEO stehen. Wie die Sektoren, Divisions und Units genau organisiert werden sollen, ist offenbar noch nicht völlig geklärt.

Darüber liefen im Konzern noch Diskussionen, heißt es. Klar scheint aber zu sein, dass durch den Wegfall der Bereichsvorstände vom 1. Januar an 35 bis 40 der heutigen Bereichsvorstände überflüssig sind.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welches Unternehmen Löschers großes Vorbild ist.

Aus der neuen Organisation ergibt sich auch eine Verkleinerung des Konzernvorstandes. Das bisher zehnköpfige Führungsgremium wird in Zukunft aus nur noch sieben Personen bestehen. Neben den Vertretern der drei Sektoren sind das der Vorstandsvorsitzende sowie die Verantwortlichen für Finanzen, Personal und Entwicklung.

Bei Siemens heißt es, das Ziel der Neuorganisation sei es, die Wachstums- und Kundenpotentiale des Unternehmens besser auszuschöpfen, die Kosten zu senken, die Ertragskraft weiter zu steigern, "sowie eine klare und durchgängige Zuordnung von Verantwortlichkeiten sicherzustellen.''

Löscher folgt mit dem Umbau seinem Vorhaben, die Organisation von Siemens umzukrempeln. Die Abläufe sollen einfacher und schneller werden. Als sein großes Vorbild bei der Umorganisation des Unternehmens gilt der amerikanische Elektro-Konzern General Electric, der als eines der bestgeführten Unternehmen der Welt gilt. Löscher war vor seiner Zeit bei Siemens auch eine Zeit lang im Führungsgremium von General Electric vertreten.

Löscher hatte die Führung von Siemens übernommen, nachdem der vorherige Vorstandsvorsitzende Klaus Kleinfeld sowie der langjährige Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer ihre Posten als Folge der Korruptionskrise aufgaben.

Reaktion auf Cromme-Appell

Seit dem 1. Juli ist Löscher damit befasst, den komplizierten Konzern kennenzulernen und umzuorganisieren. Löscher reagiert mit seinem Umbauprogramm auch auf die Forderung des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Gerhard Cromme, klarere Verantwortlichkeiten zu schaffen.

Cromme hatte nach dem Auffliegen des Korruptionsskandals bemängelt, dass es bei Siemens zwar viele Vorstände gebe, aber niemand von den dubiosen Vorgängen etwas gewusst habe.

In der neuen Organisation werden die bisherigen Bereiche Power Generation und Power Transmission & Distribution im Energiesektor zusammengefasst. Der Industriesektor soll künftig aus großen Teilen der Bereiche Automation & Drives, Industrial Solutions& Services, Transportation Systems, Siemens Building Technologies und Osram bestehen.

Der Gesundheitssektor wird im Wesentlichen den heutigen Bereich Medical Solutions umfassen. Die bisherigen Bereiche Siemens IT Solutions & Services sowie Siemens Financial Services sollen als sogenannte Querschnittsfunktionen erhalten bleiben.

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