Zukunft von Opel:Guttenberg: "Noch viele Fragen offen"

Die Bundesregierung bremst die Erwartungen: Nach ersten Beratungen mit den zuständigen Ministerpräsidenten sieht Wirtschaftsminister zu Guttenberg weiter Klärungsbedarf, bevor über Staatshilfen für Opel entschieden wird. An dieser Option scheiden sich weiter die Geister - in der Politik und bei der Konkurrenz.

Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat Erwartungen auf eine sehr schnelle Entscheidung über Staatshilfen für den krisengeschüttelten Autobauer Opel gedämpft. Das von dem Unternehmen vorgelegte Konzept müsse sorgfältig geprüft werden, sagte Guttenberg am Nachmittag vor Journalisten in Berlin.

Opel, Reuters

Die Zukunft von Opel ist weiter ungewiss.

(Foto: Foto: Reuters)

Dies könne "nicht mit höchster Geschwindigkeit" geschehen. Er sehe noch erheblichen Klärungsbedarf, es seien "noch viele Fragen offen". Entsprechende Erklärungen hoffe er in dem Gespräch mit der Opel-Führung und dem Betriebsrat am Montag in Berlin zu bekommen, sagte der CSU-Politiker.

Antworten will er etwa auf die Frage, was die angestrebte Eigenständigkeit von dem US-Mutterkonzern GM heiße, welche Rolle dieser künftig spielen solle und wie hoch der "Verflechtungsgrad" zwischen beiden Unternehmen in Zukunft sein werde. Auch wolle er wissen, was mit den Opel-Patenten passiere, die bei GM lägen.

Staatliche Hilfe sei "noch überhaupt nicht zugesagt", versicherte Guttenberg. Der Staat sei keineswegs im Zweifel der bessere Unternehmer, es müsse weiter nach privaten Investoren gesucht werden. Bevor staatliche Hilfen zugesagt werden könnten, müsse außerdem der "Gedanke der Wettbewerbsverzerrung" berücksichtigt werden.

Am Mittag hatte Guttenberg erste Gespräche mit den Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen, Kurt Beck, Roland Koch, und Jürgen Rüttgers, geführt. Mit der stellvertretenden Ministerpräsidentin Thüringens, Birgit Diezel, wollte er am Abend sprechen. Mit den Bundesländern mit Opel-Standorten wolle er sich im Entscheidungsprozess eng abstimmen, sagte Guttenberg. In der kommenden Woche sollten weitere Gespräche mit den Wirtschaftsministern der Länder geführt werden.

Wie ihr Wirtschaftsminister hält auch Bundeskanzlerin Angela Merkel die Möglichkeit von Staatshilfen für Opel weiter offen. Ohne ein genaue Prüfung des am Freitag vorgelegten Zukunftskonzepts sei eine Unterstützung nicht möglich. So sei etwa zu entscheiden, ob es eine positive Prognose für das Unternehmen gebe und ob sich Banken bei Opel engagieren wollten.

Für Staatshilfen für Unternehmen gebe es in der Bundesregierung "sehr klare Maßstäbe", führte Merkel weiter aus. So sei etwa zu prüfen, ob die Schwierigkeit des jeweiligen Unternehmens auch durch die Krise entstanden seien und ob es zukunftsfähig weitergeführt werden könne.

Koch: Ernsthafter Wille zu helfen

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) bezeichnete unterdessen eine Bürgschaft oder Garantie erneut als Möglichkeit staatlicher Hilfen für Opel. Es gebe einen ernsthaften Willen, Opel zu helfen. Wie das im Ergebnis aussehen könnte, sei aber noch offen, sagte Koch nach seinem Telefonat mit Guttenberg.

Auch andere Spitzenvertreter von Union und SPD zeigen sich grundsätzlich zu einer staatlichen Unterstützung des angeschlagenen Autobauers bereit, knüpften diese aber an Bedingungen. "Wenn Opel Deutschland alleine lebensfähig ist und zudem kein einziger Euro von Opel bei GM in Amerika landet, dann halte ich auch eine staatliche Bürgschaft für denkbar", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Der Bund solle sich aber nicht mit Eigenmitteln an dem Unternehmen beteiligen.

Arbeitsminister Olaf Scholz sagte im Südwestrundfunk, wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von GM dürfe ein über Jahrzehnte gewachsenes Unternehmen wie Opel nicht einfach verschwinden. Voraussetzung für staatliche Unterstützung sei ein zukunfts- und tragfähiges Konzept.

Verheugen: "Opel in diesem Sinne nicht systemrelevant"

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn sprach sich dagegen strikt gegen Staatshilfen für den ums Überleben ringenden Konkurrenten aus. "Der Staat darf nicht zur Rettungsgesellschaft für Firmen werden, denen möglicherweise der Bankrott droht", sagte er dem Spiegel. Bürgschaften der öffentlichen Hand seien aber punktuell und für einen begrenzten Zeitraum legitim.

Auch DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun bezeichnete eine Staatsbeteiligung als das falsche Signal. Wenn sich dagegen der Mutterkonzern am Sanierungskonzept beteilige, erhöhe dies die Chancen, private Investoren zu finden und so an Kapital zu kommen, sagte Braun der Berliner Zeitung.

Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes warnte vor negativen Auswirkungen für die Autobranche, sollte Opel nicht überleben. "Wir müssen die Stabilität der Industrie erhalten", sagte er dem Magazin Focus.

EU-Industriekommissar Günter Verheugen sprach sich gegen Staatshilfen aus. Anders als bei Banken löse die Pleite eines Industrieunternehmens keine Kettenreaktion aus. "In diesem Sinne ist Opel nicht systemrelevant", sagte der SPD-Politiker der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Auch aus der CDU gab es skeptische Stimmen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, sagte im RBB-Inforadio, die Entscheidung über Angebot und Nachfrage sowie über Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen werde im Markt getroffen, "nicht durch den Staat".

GM-Europapräsident Carl-Peter Forster hatte am Freitag ein Zukunftskonzept für den Autobauer vorgestellt. Dieses sieht eine Herauslösung von Opel aus dem schwer angeschlagenen US-Konzern vor. Dem Konzept zufolge sollen die Marken Opel und Vauxhall in einer europäischen Gesellschaft zusammengefasst und so aus der existenzbedrohenden Krise von GM herausgehalten werden. Den Finanzbedarf für die Rettung bezifferte Forster auf 3,3 Milliarden Euro.

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