Zukunft des Autoherstellers:Blindekuh bei Opel

Der Verwaltungsrat von General Motors entscheidet über die Zukunft von Opel. Leider leugnen die vermeintlichen Retter die Realität und verplempern Zeit. Das ist tragisch.

Karl-Heinz Büschemann

Am heutigen Montag soll die Entscheidung fallen. In Detroit will der Verwaltungsrat von General Motors (GM) entscheiden, was mit der europäischen Tochter Opel geschehen soll, die einen neuen Eigentümer sucht. Aber leider wird auch dieses Treffen nichts bringen und der Streit darüber, wo Opel eine Heimat findet, wird fortgesetzt. Irgendwann wird ein ganzes Jahr vergangen sein, und die Bundesregierung verhandelt immer noch mit der Belegschaft, dem GM-Management und Investoren.

Zukunft des Autoherstellers: Ein Opel-Schriftzug leuchtet in Köln auf dem Dach eines Autohändlers.

Ein Opel-Schriftzug leuchtet in Köln auf dem Dach eines Autohändlers.

(Foto: Foto: dpa)

Das Tragische ist, dass die Rettung des Autoherstellers umso unwahrscheinlicher wird, je länger die Retter am Werke sind. Selten lagen guter Wille und gute Arbeit so weit auseinander. Opel hat aber keine Zeit für Experimente; das Unternehmen wird 2009 mehr als zwei Milliarden Euro Verlust machen.

Schlimm ist, dass alle an der Rettung Beteiligten nicht ehrlich sind. Die Bundesregierung und vier Ministerpräsidenten verlangen von jedem Investor, dass er keine Fabriken schließt. Auch der Betriebsrat erwartet die Schonung von Werken und Arbeitsplätzen. Doch sie müssten wissen, dass hier keine Lösung ohne größere Opfer für die Beschäftigten möglich ist. Die politische Vorgabe aber zwingt die Interessenten zur Heuchelei.

Unrealistische Versprechen

Also machen die Investoren unrealistische Versprechen, obwohl sie die Risiken nicht tragen können. Deshalb kommen die Gespräche immer wieder ins Stocken. Wo alle die Augen vor der Realität verschließen, wird niemand einen Ausweg finden. Ärgerlich ist, dass auch GM nicht mit der Wahrheit herausrückt. Wollen die Amerikaner ihre Europa-Tochter später zurückhaben oder nicht? Der eine Manager sagt ja, der andere nein.

Es ist schwer zu sagen, welches Angebot für Opel das bessere ist. Kann der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna die Lösung bieten, der mit dem Autohersteller Gaz aus Russland und der Moskauer Sberbank kooperiert? Ist es der Finanzinvestor Ripplewood, der im Verdacht steht, der Steigbügelhalter zu sein, der Opel nach ein paar Jahren an GM zurückreicht? Ist es gar GM selbst?

Aus Gründen, die kaum nachvollziehbar sind, haben sich die Bundesregierung und der Betriebsrat auf Magna festgelegt. Offensichtlich wollen die Politiker bis zum Tag der Bundestagswahl am 27. September eine Lösung bieten, egal welche.

Magna und die Russen sind keine Hilfe für Opel. Diese Zusammenarbeit braucht viel zu lange, um für Opel etwas zu bringen. Sie wird auch nicht möglich sein, ohne zahlreiche Arbeitsplätze nach Osten zu schaffen. Auch Ripplewood wird nicht viel tun können. Wozu soll ein Finanzinvestor gut sein, der in erster Linie an einem Deal verdienen will, der aber den starken industriellen Partner, den Opel dringend braucht, nicht ersetzen kann? Längst hat das Investmenthaus Lazard der Regierung schriftlich gegeben, dass beide Investoren für Opel nichts bringen. Und trotzdem tun alle so, als gäbe es keine bessere Option.

Wahrscheinlich gibt es doch eine Lösung: Opel muss an GM zurückgehen. Alles andere ist Augenwischerei. GM braucht seine europäische Tochter auf die Dauer, Opel kann nicht ohne die frühere Mutter überleben. Das mag schwer zu verdauen sein, zumal die katastrophal geführte Muttergesellschaft in Amerika auch Opel in die Krise gefahren hat.

Allein nichzt überlebensfähig

Die Belegschaft, die gehofft hatte, die verhasste Mutter endlich loszuwerden, wird das kaum schlucken. Auch die Bundesregierung wird sich damit schwertun. Es wäre ein spektakulärer Meinungswechsel, und sie müsste begründen, warum sie einem Pleiteunternehmen wie GM, das inzwischen komplett in Staatshand ist, deutsches Steuergeld hinterherwirft.

Dass Opel allein überleben kann, ist eine Lüge. Die Wahrheit ist, dass es für die Opel-Beschäftigten nur eine Chance gibt: wenn Opel und GM, die sich in Jahrzehnten aufeinander eingestellt haben, wieder normal miteinander arbeiten. Das mag keine rosige Zukunft sein, aber alle anderen Varianten sind noch schlechter. Die Entscheidung muss bald fallen, und die Regierung muss zeigen, dass es ihr um die Jobs bei Opel geht und nicht darum, bei einer Wahl gut auszusehen.

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