Der Vorschlag, der ihr so viel Kritik eingebracht hat, war gut vorbereitet. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fragte bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) nach - und dann riet sie den Schlecker-Frauen, sich zu Erzieherinnen und Altenpflegerinnen umschulen zu lassen. Den Vorstoß will BA-Vorstand Raimund Becker lediglich als Signal verstanden wissen, "dass in diesen beiden Berufsfeldern etwas auf uns zu kommt." Der Bedarf dort ist enorm.
Keineswegs aber habe von der Leyen ein einfaches Patentrezept für den Umgang mit den etwa 25.000 Menschen suggerieren wollen, die bei der Drogeriemarktkette ihre Jobs verloren haben oder Ende Juni verlieren werden. Die Arbeitsagenturen würden "jeden Einzelfall individuell untersuchen und niemanden zu etwas drängen", sagt Becker.
Die BA ist bemüht, den Ball flach zu halten. "Wir brauchen auch kein Sonderprogramm", sagte Becker der Süddeutschen Zeitung. "Wir haben genügend Geld, um den Bedürfnissen der Schlecker-Frauen gerecht zu werden." 133 Millionen Euro musste die BA bislang an Insolvenzgeld und Sozialabgaben für die Beschäftigten von Schlecker und Ihr Platz aufbringen. Was die Perspektiven angeht, verweist Becker auf den stabilen Arbeitsmarkt. Der sei "aufnahmefähig, zumal viele der Schlecker-Frauen über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen und gut qualifiziert sind."
Gute Zahlen sollen beruhigen
Dem BA-Verwaltungsrat will Becker an diesem Freitag ein Papier vorlegen, dass die Gelassenheit mit Zahlen unterlegen soll. Demnach baut der Handel Personal auf; allein 2011 entstanden 96.000 neue sozialversicherungspflichtige Stellen - plus 2,4 Prozent. Vor allem in Berlin, Brandenburg und Sachsen nahm die Beschäftigung zu; die besten Chancen auf Jobs haben Schlecker-Frauen in Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Von 11.300 Schlecker-Beschäftigten, die ihre Jobs bereits verloren haben, hätten sich 3600 aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Weitere 3000 stecken in Qualifizierungsmaßnahmen.
Die Kritik der Gewerkschaft Verdi, viele Frauen würden von den Arbeitsagenturen in schlecht bezahlte Aushilfs- und Minijobs, Praktika und Urlaubsvertretungen gedrängt, weist die BA zurück. Minijobs und Vertretungen würden nur unverbindlich angeboten, Praktika nur dann, wenn der Arbeitgeber eine Einstellungsabsicht äußere. Deutlich schlechter bezahlte Jobs müsse niemand annehmen.
Was die propagierte Umschulung zu Erzieherinnen und Altenpflegerinnen angeht, offenbart sich ein Finanzierungsloch. Die BA bezahlt maximal zwei Jahre, die Ausbildung dauert aber zwölf Monate länger - gefördert wird nur, wer noch keinen Abschluss hat oder fünf Jahre nicht im erlernten Beruf gearbeitet hat. Bund und Länder streiten, wer das dritte Jahr bezahlen soll. "Wenn sie sich einigen würden, hätten wir weitaus mehr Spielraum, um Menschen in solche Berufe zu bringen", sagt Vorstand Becker.