Transportbranche: Milliarden-Deal

Transportbranche: Hochgeschwindigkeitszug von Alstom. Die Bahntechnik-Hersteller Alstom, Siemens und Bombardier befürchten eine starke Konkurrenz aus China.

Hochgeschwindigkeitszug von Alstom. Die Bahntechnik-Hersteller Alstom, Siemens und Bombardier befürchten eine starke Konkurrenz aus China.

(Foto: oh)

Alstom kauft die Zugsparte des notleidenden Konkurrenten Bombardier. Von dem Deal sind Tausende Mitarbeiter in Deutschland betroffen. Und was ist mit dem Kartellamt?

Im weltweiten Bahntechnikgeschäft steht ein neuer Zusammenschluss an: Der französische TGV-Hersteller Alstom will die Zugsparte des kanadischen Konkurrenten Bombardier übernehmen. Dafür soll ein Preis in der Spanne von 5,8 Milliarden Euro bis 6,2 Milliarden Euro gezahlt werden, wie Alstom am Montagabend am Saint-Ouen-sur-Seine bei Paris mitteilte. Eine entsprechende Absichtserklärung ("Memorandum of Understanding") sei unterzeichnet worden.

Bombardier ist in der Krise. Dessen Zugsparte sitzt in Berlin und beschäftigt in Deutschland Tausende Mitarbeiter. Die Transaktion wäre somit auch von großer Bedeutung für Deutschland. Von den insgesamt 40 650 Mitarbeitern, die laut dem Unternehmen zuletzt in 60 verschiedenen Ländern tätig waren, arbeiten nach Gewerkschaftsangaben 6500 Stammbeschäftigte in Deutschland. Hinzu kommen 1100 Leiharbeiter. Die größten Standorte sind Hennigsdorf, Görlitz und Bautzen. Auch in Mannheim, Kassel und Siegen sind jeweils mehrere hundert Menschen beschäftigt. Kleinere Standorte bilden zudem Braunschweig und Frankfurt.

Mit der Übernahme erhöhe Alstom seinen Auftragsbestand auf 75 Milliarden Euro und werde einen Umsatz von 15,5 Milliarden haben, hieß es. Alstom will den Kaufpreis, der beim Abschluss der Transaktion festgelegt werde, in bar und in Aktien zahlen.

Alstom war erst vor einem Jahr an Bedenken der EU-Kommission mit dem Versuch gescheitert, mit der Zugsparte von Siemens zu fusionieren. Siemens und Alstom wollten im Bahnbereich fusionieren, um im globalen Wettbewerb besser aufgestellt zu sein. Die beiden Schwergewichte nahmen dabei vor allem den weltweit größten Zughersteller aus China, CRRC, ins Visier.

Bisher konkurrieren Alstom und Bombardier in vielen Bereichen. So baut Alstom die bekannten französischen TGV-Hochgeschwindigkeitszüge, Regionalzüge, Metros und Straßenbahnen, bietet aber auch technische Lösungen für Schienen- und Signaltechnik an. Bombardier ist mit seinen Zefiro-Hochgeschwindigkeitszügen in China und Italien im Geschäft. Auch Schienen- und Signaltechnik, Regionalzüge sowie U- und Straßenbahnen kommen von dem kanadisch-deutschen Hersteller, der auch an den ICE-Zügen von Siemens mitarbeitet. Ärger gab es zuletzt mit den neuen Intercity-Zügen von Bombardier. Die Deutsche Bahn gab Ende Januar bekannt, dass sie 25 Exemplare wegen technischer Mängel nicht abnehmen werde.

Bombardier ist finanziell schwer angeschlagen. Um an Geld zu kommen, stieg der Konzern vergangene Woche bei dem gemeinsam mit Airbus gebauten Kurz- und Mittelstreckenjet Airbus A220 aus. Die Kanadier hatten den Flieger für mehr als sechs Milliarden US-Dollar selbst entwickelt, sich dabei aber verhoben.

"Die Fusion ist offensiv, nicht defensiv."

Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge zeigt sich optimistisch, dass die Brüsseler Wettbewerbshüter die geplante Übernahme des Bombardier-Zuggeschäfts billigen. Der Deal mit den Kanadiern unterscheide sich deutlich von einem früher geplanten Zusammenschluss mit der Siemens-Zugsparte, sagte der Topmanager am Montagabend in einer Telefonkonferenz in Saint-Ouen bei Paris. "Wir sind zuversichtlich." Die Übernahme sei eine "neue, historische Etappe im Leben unseres Konzerns", sagte Poupart-Lafarge. Die Zugsparte vom Bombardier brauche aber wegen der Schwierigkeiten der kanadischen Gruppe zunächst "Stabilität". Er verwies darauf, dass Bombardier sowohl bei den Signalanlagen als auch bei den Hochgeschwindigkeitszügen deutlich schwächer sei als Alstom. Alstom und Bombardier ergänzten sich. So sei Alstom in Südeuropa stärker, während Bombardier in nordeuropäischen Ländern seinen Schwerpunkt habe. Poupart-Lafarge sagte weiter, das Ziel der Übernahme sei keine Restrukturierung der Unternehmen. "Die Fusion ist offensiv, nicht defensiv." Das Bahngeschäft sei in voller Expansion. Es könne jedoch in einzelnen Fabriken zu "Anpassungen" kommen, Details dazu nannte er nicht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: