Zinspolitik:Nervöse Märkte

Dax

Die Entscheidung der amerikanischen Notenbank beunruhigt die Anleger; in den USA liegt der Leitzins höher als in Europa. Dort verfolgt die Europäische Zentralbank auch nächstes Jahr eine straffe Geldpolitik.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Unsicherheit über die künftige Zinspolitik der amerikanischen Notenbank Federal Reserve hat an den Aktienmärkten für schlechte Stimmung gesorgt. Der deutsche Leitindex Dax verlor am Donnerstag in der Spitze 1,9 Prozent auf 10563 Zähler und fiel damit auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Der europäische Aktienindex EuroStoxx50 gab ebenfalls knapp zwei Prozent nach.

Die US-Notenbank hat am Mittwoch zum vierten Mal in diesem Jahr den Leitzins erhöht - auf die Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent. In ihrem Ausblick haben die Währungshüter aber angedeutet, dass man angesichts der sich abschwächenden Wirtschaft im nächsten Jahr nur noch mit zwei statt der bislang drei anvisierten Zinserhöhungen rechnen könne. Die Aktienmärkte waren überrascht. Sie hatten angenommen, die Fed würde 2019 nur noch ein Mal den Zins anheben.

Hohe Zinsen hemmen Aktieninvestments, weil sie als Wachstumsbremse interpretiert werden und Investoren ihr Geld verstärkt in Anleihen stecken. Entsprechend deutlich fielen die Aktienkurse, die in diesem Jahr sowieso schwach abgeschnitten haben. Der Dax wird wohl das Jahr 2018 erstmals nach langer Zeit mit einem Verlust abschließen. Bislang beträgt das Minus im Dax auf Jahressicht knapp 17 Prozent. An der Wall Street sieht es ähnlich aus. Das Minus beim Dow Jones Index beträgt für dieses Jahr knapp sechs Prozent. Deutlich nach oben ging es dagegen für den Euro. Die Gemeinschaftswährung kletterte aufgrund der schwächelnden US-Währung um fast ein Prozent auf 1,14 Dollar und markierte damit den höchsten Stand seit sechs Wochen.

Die straffere Geldpolitik in den USA steht in scharfem Kontrast zur lockeren Geldpolitik in Japan und Europa. Die Europäische Zentralbank hat vergangene Woche zwar beschlossen, den Ankauf neuer Anleihen zum Jahresende einzustellen, nachdem sie auf diesem Weg seit 2015 insgesamt 2,6 Billionen Euro ins Finanzsystem gepumpt hat. Doch die EZB wird die Einnahmen aus getilgten Anleihen auch künftig in neue Anleihen investieren. Die lockere Geldpolitik geht damit weiter, gerade auch bei den Zinsen.

Ein weiteres Problem: Europas Bankensektor leidet unter dem Strafzins der EZB. Die Kreditinstitute müssen für ihre Überschüsse, die sie auf dem Konto der Zentralbank deponieren, 0,4 Prozent bezahlen. EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny möchte die Strafzinsen für Banken jetzt rasch abschaffen. Österreichs Notenbankchef bezeichnet den Negativzins als "eine Besonderheit der EZB. Die USA hatten nie einen negativen Zinssatz". Auch die britische Notenbank hält ihre Zinsen auf niedrigerem Niveau als die USA. Die Bank of England teilte am Donnerstag mit, ihr Leitzins verbleibe bei 0,75 Prozent. Auf diesem Niveau liegt er seit vergangenem Sommer. Die Notenbank Schwedens hat ihren Leitzins erstmals seit sieben Jahren angehoben, und zwar um 0,25 Punkte auf minus 0,25 Prozent. Experten hatten erst später damit gerechnet. Nota bene: Der Leitzins liegt damit immer noch im negativen Bereich - die Notenbank subventioniert Kredite an die Banken.

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