Zinsen:Hoppla hopp geht nicht

Die Europäische Zentralbank wollte, dass die Preise steigen. Nun tun sie es. Ein schneller Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik aber ist schwierig.

Von Markus Zydra, Frankfurt

EZB-Präsident Mario Draghi hat mit seiner umstrittenen Geldpolitik sehr lange darauf hingearbeitet, dass die Preise in Europa endlich steigen mögen. Nun denn: Jetzt tun sie es, und zwar schneller, als das mancher erwartet hätte. In Deutschland lag die Teuerung im Februar bei 2,2 Prozent, und auch europaweit zeigt sich aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise ein klarer Trend. In der Euro-Zone sind die Preise im Januar um 1,8 Prozent geklettert. Die Statistikbehörde Eurostat publiziert am Donnerstag die aktuellen Schätzungen für den Februar.

Wenn man weiß, dass die Europäische Zentralbank (EZB) eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent anstrebt, stellt sich sofort die Frage: Wie lange bleiben die Geldschleusen noch offen?

Der EZB-Rat muss sich auf seiner Sitzung am Donnerstag der kommenden Woche mit diesem Thema beschäftigen. Es wächst der Druck auf die Währungshüter, den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik vorzubereiten. Besonders in Deutschland wächst die Kritik an der EZB. Die Inflation ist hierzulande im europäischen Vergleich tatsächlich hoch, doch in Spanien stiegen die Preise im Februar sogar um drei Prozent. Die Inflationsrate in Frankreich lag in diesem Monat bei 1,4 Prozent, in Italien sind es 1,6 Prozent.

Nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank könnte die Inflation in der Euro-Zone dieses Jahr wegen gestiegener Ölpreise weit über den bisherigen Prognosen liegen. Für Deutschland werde eine Revision um etwa einen halben Prozentpunkt nach oben erwartet, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Mittwoch auf einer Veranstaltung in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana. "Und dies könnte auch für die Euro-Zone als Ganzes der Fall sein." Die EZB geht für den Währungsraum bislang von 1,3 Prozent Preissteigerung in diesem Jahr aus.

Der Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik muss geschickt vorbereitet werden. Schließlich hat die EZB erst im Dezember ihr Anleihekaufprogramm bis Ende dieses Jahres verlängert. Jetzt hoppla hopp das Ende der Anleihekäufe auszurufen - das sähe nicht gut aus, weil die EZB dann wie eine Getriebene wirken würde.

Die Notenbank hat sich zu alledem noch eine Zwinge angelegt, die zunächst gelockert werden müsste: Der EZB-Rat hat beschlossen, dass man erst dann über Zinserhöhungen entscheiden werde, wenn das Kaufprogramm beendet ist. Höhere Zinsen kämen dann frühestens Anfang 2018. Dabei sind gerade die niedrigen Leitzinsen ein großes Problem.

Der Nullzins ruiniert vielen Banken das Geschäft und mindert Sparern die Rendite. Außerdem müssen Kreditinstitute auf ihre Einlagen bei der EZB einen Strafzins von 0,4 Prozent bezahlen. Manche Experten fordern daher, die EZB solle den Leitzins, und hier besonders den Negativzins früher anheben. "Der Ausstieg aus der ultra-expansiven Geldpolitik ist überfällig, aber nicht einfach", sagt Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank. "Mit einer raschen Normalisierung der Leitzinsen und einer nur langsamen Rückführung der Anleihekaufprogramme könnte der Spagat aber gelingen."

Doch eine solche Maßnahme bräuchte einen längeren Vorlauf. Die Finanzmärkte wollen frühzeitig auf geldpolitische Änderungen vorgewarnt werden. Der EZB-Rat müsste den Richtungsschwenk zunächst ankündigen, um ihn dann Wochen später beschließen zu können. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte zuletzt eine solche Änderung der "Kommunikation" im EZB-Rat angeregt. Es ist noch offen, ob der sich der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung dazu aufrafft.

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