ZEW-Konjunkturbarometer:"Schon eine Enttäuschung"

Die deutsche Wirtschaft befindet sich klar auf Erholungskurs - allerdings hat sich die Stimmung nicht so stark aufgehellt wie erwartet. Uneins sind die Experten auch darüber, wie es weitergeht.

In der Wirtschaftsflaute gibt es einen weiteren Silberstreif am Horizont: Finanzanalysten und institutionelle Investoren bewerten die Aussichten für die deutsche Wirtschaft im September etwas positiver als im Vormonat. Das ZEW-Barometer für die Konjunkturerwartungen verbesserte sich von 56,1 Punkten im August auf nunmehr 57,7 Punkte, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag mitteilte.

ZEW-Konjunkturbarometer: Containerverladung im Hamburger Hafen: Die Hoffnungen der deutschen Wirtschaft ruhen auf dem Export.

Containerverladung im Hamburger Hafen: Die Hoffnungen der deutschen Wirtschaft ruhen auf dem Export.

(Foto: Foto: dpa)

Auch die Lage beurteilten die Experten besser als im Vormonat. Der Teilindex stieg auf minus 74,0 Punkte von minus 77,2 Zählern.

Allerdings hellte sich die Stimmung weniger auf als erwartet. Die Experten hatten im Schnitt mit einem Wert von 60,0 Punkten gerechnet.

"Die Hoffnungen für die deutsche Konjunktur ruhen vor allem darauf, dass sich der Welthandel erholt und sich so die Exportaussichten anhaltend verbessern", erklärte das ZEW.

Belastungsfaktor Arbeitslosigkeit

Auch für den privaten Konsum seien die Fachleute optimistischer geworden, obwohl es auf Sicht von sechs Monaten Belastungsfaktoren geben dürfte: Die Abwrackprämie laufe aus, und eine steigende Arbeitslosigkeit sei zu erwarten. Für die Umfrage befragt das ZEW knapp 300 Analysten und institutionelle Anleger.

"Die Konjunkturerwartungen bestätigen das Bild, dass sich die deutsche Wirtschaft zwar erholt, aber in einem langsamen Tempo", sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz."Zusätzliche Konjunkturstimuli sind mit Blick auf die Staatsverschuldung jedoch nicht angebracht."

Bei den Volkswirten überwog nach den ZEW-Zahlen allerdings die Enttäuschung: "Es war zu erwarten, dass es keine große Verbesserung geben würde. Das zeigt, dass immer noch eine nicht unerhebliche Zahl von Analysten daran zweifelt, dass diese Erholung nachhaltig ist. Sie erwarten sogar eine baldige Verschlechterung", sagte Ralph Solveen von der Commerzbank.

"Schon eine Enttäuschung"

Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus gab sich ebenfalls desillusioniert: "Für uns ist der ZEW-Indikator heute schon eine Enttäuschung und zwar nicht wegen der Erwartungskomponente, sondern weil die aktuelle Lage offenbar immer noch als sehr schwach eingeschätzt wird, jedenfalls schwächer als wir das erwartet hatten angesichts der zuletzt wieder besseren Auftragslage und des belebteren Welthandels.

Ralf Umlauf von der Helaba zeigte sich hingegen erfreut: "Ungeachtet der leichten Enttäuschungen bleibt das Szenario einer wirtschaftlichen Erholung intakt. Durch die Verbesserung der Lagebeurteilung wird sogar die Erwartung einer gegenüber dem zweiten Quartal beschleunigten Expansion der Wirtschaftsleistung im dritten Quartal gestützt. Die Indikation für den Ifo-Geschäftsklimaindex, der sich aus Lagebeurteilung und Erwartungshaltung zusammensetzt, ist positiv."

Positive Signale kommen jedoch vom Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI. Die Fachleute haben ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr angehoben. Statt mit einem minus von 6,4 Prozent rechnen die Forscher nur noch mit einem Negativ-Wachstum von fünf Prozent. 2010 soll das Bruttoinlandsprodukt wieder um 1,2 Prozent steigen. "Die Konjunktur ist auf dem Wege der Besserung", sagte Chefökonom Roland Döhrn.

Und auch das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) rechnet 2010 mit einem Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent in Deutschland. Damit korrigierte es seine bisherige Prognose deutlich nach oben. Grund sei die Erholung der Weltwirtschaft. Deutschland als stark auf den Export orientiertes Land werde vom zweiten Halbjahr an vom anziehenden Welthandel profitieren, teilte das Institut mit.

Zur Auslandsnachfrage veröffentlichte das Handelsblatt eine Umfrage, die die Unternehmensberatung Droege & Comp. im Auftrag der Zeitung erstellt hatte. Demnach erwarte fast die Hälfte aller im Export tätigen Manager, dass sich das Auslandsgeschäft ihres Unternehmens in den kommenden zwölf Monaten verbessern werde. Dies zeige die Befragung unter rund 800 Topmanagern, so das Handelsblatt.

"Grund zur Zuversicht"

Bei der vergangenen Umfrage im Mai habe nur ein Viertel der Befragten mit einer Verbesserung des Auslandsgeschäftes gerechnet. Darüber hinaus gingen nur noch sechs Prozent von weiteren Rückgängen aus, nach 21 Prozent im Mai.

"Die Unternehmen haben allen Grund zur Zuversicht", sagte der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Ulrich Kater, dem Handelsblatt. Die weltweiten Konjunkturprogramme sorgten für eine deutliche Erhöhung der Nachfrage. "Wir beobachten, dass sich die Exporterwartungen der deutschen Unternehmen weiter aufhellen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, dem Handelsblatt zu Folge.

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