Süddeutsche Zeitung

Zalando:Mist, die Zahlen sind gut

Die Aktie des Modehändlers Zalando legt zweistellig zu - auch wegen Leerverkäufern.

Von Michael Kläsgen

Robert, David und Rubin redeten morgens um neun Uhr in der neuen Zalando-Zentrale in Berlin-Friedrichshain über die neusten Geschäftszahlen, und von Minute zu Minute stieg der Aktienkurs. Er war nach mehreren Abstürzen infolge des Sommerlochs ziemlich weit unten angelangt. Am Donnerstag aber holte er wieder auf und legte so stark zu wie noch nie zuvor an einem Tag. Die Aktie des Mode-Onlinehändlers gewann bis zum Ende des Börsenhandels im M-Dax knapp 24 Prozent an Wert.

David Schneider und Robert Gentz hatten Zalando vor gut zehn Jahren gegründet, Rubin Ritter stieß etwas später dazu. Zalando, Deutschlands vielleicht erfolgreichstes Start-up, ist seither stark gewachsen und machte 2018 einen Umsatz von 5,4 Milliarden Euro. Einerseits ein Plus von 24,6 Prozent, andererseits weniger als in den vergangenen Jahren. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) fiel sogar um ein Fünftel auf rund 173 Millionen Euro. Aber offenbar hatten die Börsianer nach dem verheerenden Sommer weit Schlimmeres erwartet. Die positive Überraschung allein war aber nicht der Grund für den Kurssprung. Das vierte Quartal fiel ziemlich gut aus, das überzeugte die Anleger.

"Das starke vierte Quartal sollte wieder Vertrauen in das Wachstum wecken", sagte etwa Christian Salis von der Bank Hauck & Aufhäuser. Börsenjournale berichteten zudem, die hohen Kursgewinne hätten mit einem sogenannten Short-Squeeze zu tun: Große Anleger hätten auf fallende Kurse gesetzt und Zalando-Aktien leerverkauft, dann aber umsteuern müssen, als sie erkannten, dass die Zahlen recht solide sind. Die Leerverkäufer mussten zukaufen, um ihre Verluste zu begrenzen. Bestätigt wird diese Vermutung vom Bundesanzeiger. Demzufolge hatten zwei Investoren ihre Leerverkaufspositionen in den vergangenen Monaten kontinuierlich aufgestockt.

Positiv für Zalando fällt auch die charttechnische Analyse aus. Demnach hat das Unternehmen den im August begonnenen Abwärtstrend nach oben verlassen. Zudem präsentierte der Onlinehändler ambitionierte Ziele. "Wir wollen mehr als drei Mal so stark wachsen wie der gesamte Online-Modemarkt", kündigte das Trio an und fügte hinzu, zu einem Netflix oder Spotify für Fashion werden zu wollen. "Wir wollen die erste Anlaufstelle für Mode werden", sagten sie. Zalando zog sogar die Aktien von Rivalen wie Asos und Boohoo mit nach oben und setzte sich vom Negativtrend in der Branche ab. Gerry Weber hatte kürzlich Insolvenzantrag gestellt und Tom Tailor sich in die Arme des chinesischen Investors Fosun geflüchtet. Nur bitte, solle niemand von der neuen Konzern-Zentrale sprechen. Zalando will so gern weiter wie ein Start-up wirken.

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Quelle:
SZ vom 01.03.2019
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