Zahlungsdienstleister:Wirecard will Gewissheit

Das Unternehmen setzt in der Affäre um mögliche Bilanzmanipulationen bei einer Tochter jetzt doch einen externen Wirtschaftsprüfer ein. Das ist eine beachtliche Kehrtwende des Managements - nicht ganz freiwillig.

Von Nils Wischmeyer, Köln

Der Zahlungsdienstleister Wirecard will endlich alle Ungewissheiten ausräumen und engagiert die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG für eine Sonderprüfung. Diese soll in den kommenden Wochen und vielleicht sogar Monaten untersuchen, inwiefern Wirecard möglicherweise falsch bilanziert hat. Damit reagiert der Konzern auf Berichte der Financial Times. Die britische Finanzzeitung hatte dem Dax-Konzern vor einigen Tagen vorgeworfen, die Umsätze über Tochterunternehmen künstlich aufgebläht zu haben. Die Aktie von Wirecard fiel daraufhin von 140 Euro auf zeitweise 115 Euro.

Wirecard hatte sich gegen die Behauptungen vehement gewehrt und sprach zunächst von falschen Informationen, die der FT vorliegen würden. Die Forderung einer Sonderprüfung durch einen zweiten Wirtschaftsprüfer lehnte die Führungsriege um Markus Braun zunächst ab. Entsprechend groß ist die Kehrtwende, die das Unternehmen nun vollzieht.

Die Firma hofft auf neues Vertrauen

Bereits am Freitag gab es Spekulationen darüber, dass Wirecard eine Sonderprüfung in Auftrag geben werde. Nun hat der Konzern die Wirtschaftsprüfer von KPMG berufen. Sie sollen Zugriff zu Informationen auf allen Ebenen des Konzerns bekommen. Die Aktie von Wirecard stieg infolge der Meldung um mehr als sieben Prozent.

Bisher wird Wirecard vom KPMG-Konkurrenten EY geprüft. An der Richtigkeit der Bilanzen und der Prüfung durch EY habe man weiterhin keine Zweifel, heißt es bei Wirecard. Aufsichtsratschef Wulf Matthias sagte: "Wir gehen davon aus, dass die erneute unabhängige Prüfung dazu führt, alle weiteren Spekulationen endgültig zu beenden." Sein Kollege auf der Vorstandsseite und größter Einzelaktionär, Markus Braun, glaubt zudem, dass das Vertrauen in Wirecard durch diese unabhängige Untersuchung gestärkt werde.

Die Financial Times berichtet seit Jahren über angebliche Unregelmäßigkeiten bei Wirecard. Anfang des Jahres musste Wirecard daraufhin Probleme bei den Bilanzen in Singapur eingestehen. In einem aktuellen Bericht der FT heißt es, dass 2016 rund die Hälfte des Vorsteuergewinns bei Wirecard über Al Alam kam, ein Partnerunternehmen mit Sitz in Dubai. Einige der vermeintlichen Kunden von Al Alam hätten aber noch nie von der Firma gehört, andere seien unauffindbar gewesen. Das legt nahe, dass einige Umsätze zu Unrecht in der Bilanz auftauchen würden.

Wirecard dementierte die Vorwürfe mehrmals, sagte, die Vorwürfe seien alt und längst widerlegt. Der Konzern behauptete, dass die Namen der Firmen nur als "Cluster" genutzt worden seien, unter denen sich Hunderte Firmen befinden. Warum die Namen der "Cluster" aber denjenigen tatsächlicher Firmen gleichen, erklärte Wirecard nicht. Stattdessen kündigte der Dax-Konzern ein Aktienrückkaufpaket in Höhe von 200 Millionen Euro an. Das sollte vermutlich den Kurs nach oben treiben, half aber nur begrenzt. Die Aktie schloss am Freitag im Minus und stieg im Kurs erst seit der Ankündigung einer Sonderprüfung.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: