Zahlungsdienste:Wirecard widerspricht

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Mit dem Papier des Zahlungsanbieters aus Aschheim bei München haben zahlreiche Aktionäre eine Menge Geld verdient. (Foto: Handrek-Rehle/Bloomberg)

Einen Tag nach dem Kursverlust reagiert der Konzern per Stellungnahme und wehrt sich gegen Zweifel an der Finanzbuchhaltung.

Von Jan Willmroth, Frankfurt

Es gibt wohl keine Aktie in Deutschland, mit der so viele private Anleger so emotional umgehen wie mit der des Zahlungsanbieters Wirecard. Mit dem Papier des Zahlungsanbieters aus Aschheim bei München haben zahlreiche Aktionäre eine Menge Geld verdient. Als Überlebende des Neuen Marktes erwarb Wirecard im Jahr 2006 eine Bank, und mit dem Boom des Zahlungsverkehrs im Internet wurde das Unternehmen zu einem der größten deutschen Finanzkonzerne. Der Aktienkurs hatte sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre fast versiebenfacht.

Aber der Kurs ist sensibel, und neue Verdachtsmomente gegen Wirecard lösen regelmäßig Kursstürze aus. Am Dienstagmorgen fiel die Aktie um zwischenzeitlich fast 23 Prozent, nachdem die Financial Times in einem Bericht erneut die Finanzbuchhaltung des Konzerns in Zweifel gezogen hatte. Umsätze von Tochterfirmen in Dubai und Irland könnten in den Jahren 2016 und 2017 überhöht ausgewiesen worden sein, hieß es. Jedenfalls seien die in internen Dokumenten verbuchten Umsätze von Partnerfirmen und Kunden teilweise nicht nachvollziehbar. Entsprechende Dokumente bietet die Zeitung zum Download an. Der Konzern wies jeglichen Verdacht brüsk zurück und unterstellte der FT, mit Spekulanten zusammenzuarbeiten.

Erst am Mittwoch reagierte Wirecard mit einer inhaltlichen Stellungnahme. Die FT hatte insbesondere die über eine Partnerfirma namens Al Alam mit Sitz in Dubai erzielten Umsätze hinterfragt. Solche Partner wickeln Zahlungen im Kundenauftrag über eine Wirecard-Plattform dort ab, wo dem Konzern selbst die nötigen Lizenzen fehlen. Noch 2016 habe Al Alam mehr als die Hälfte zum Konzerngewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen beigetragen, schreibt die FT. Auffällig: In Excel-Dateien, die sich führende Mitarbeiter aus der Buchhaltung des Konzerns zuschickten, sind Umsätze aufgeführt von Endkunden, die es zum Zeitpunkt der Buchungen nicht mehr gab oder die nach eigenen Angaben keine Kunden von Al Alam oder Wirecard gewesen seien. Von 34 Firmen in der Liste hätten 15 nie von Al Alam gehört. Von diesen wiederum seien nur vier im betreffenden Zeitraum Wirecard-Kunden gewesen.

Wirecard stellte am Mittwoch klar: Man nutze intern die Namen von Firmen, die teilweise schon seit Jahren aufgelöst sind, als Bezeichnung für Gruppen von Kunden. Die 34 genannten Unternehmen seien "Bezeichnungen für Kundencluster, die für Reporting- und Abstimmungszwecke erstellt wurden". Sie enthielten jeweils Hunderte von Einzelhändlern.

Laut FT hatten Wirecard-Anwälte die Dokumente auf Anfrage zunächst als gefälscht bezeichnet. Die Dubaier Tochter Card Systems Middle East trug laut Einzelabschluss 2018 mehr als 58 Prozent zum Konzerngewinn bei. Wichtigster Umsatzbringer dabei war offenbar jahrelang Al Alam. Dass solche Partner im Hintergrund blieben, sei branchenüblich, schreibt Wirecard. Der Abschlussprüfer EY habe bestätigt, "dass alle gesetzlichen und fachlichen Auditanforderungen vollständig erfüllt wurden und erfüllt werden". Die Aktie stieg zeitweise um bis zu drei Prozent, lag am Abend aber nur noch leicht im Plus und schloss mit 122,50 Euro.

© SZ vom 17.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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