Yukos-Prozess:Staatsanwalt fordert zehn Jahre Haft für Chodorkowskij

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Dem ehemaligen Chef des russischen Energiekonzerns Jukos droht ein langjähriger Aufenthalt im Arbeitslager. Die Moskauer Staatsanwaltschaft forderte die Höchststrafe für den Oligarchen.

In dem international kritisierten Strafverfahren gegen den russischen Oligarchen Michail Chodorkowskij forderte die Moskauer Staatsanwaltschaft zehn Jahre Haft für den Angeklagten.

Chodorkowskij während seines Verfahrens am 29.03.2005. (Foto: Foto: Reuters)

Der seit 17 Monaten in Untersuchungshaft sitzende Chodorkowski, einst reichster Geschäftsmann Russlands und Chef des Ölkonzerns Yukos, habe den Staat betrogen und Steuern in großem Ausmaß hinterzogen, sagte Staatsanwalt Dmitri Schochin am Dienstag. Sowohl der Europarat als auch die US-Regierung hatten in der Vergangenheit die Rechtmäßigkeit des Verfahrens bezweifelt.

Chodorkowskij und sein Geschäftspartner Platon Lebedew sollen sich auch der Unterschlagung und der Fälschung von Dokumenten schuldig gemacht haben. Straferschwerend sei "die Bildung einer kriminellen Vereinigung".

Der Staatsanwalt forderte zudem, das Eigentum der beiden bislang als Dollar-Milliardäre geführten Unternehmer zu beschlagnahmen.

Verjährung

Bereits vor Monaten hatte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Wladimir Kolesnikow öffentlich verkündet, er bedauere, dass man beide Angeklagte zu höchstens zehn Jahren verurteilen könne. Schochin beantragte, die Angeklagten vom Betrugsvorwurf bei der Privatisierung eines Düngemittelproduzenten 1994 freizusprechen, weil diese Tat verjährt sei.

Beide Angeklagte bezeichnen sich als unschuldig. Sie nahmen die Anklage im Gerichtssaal ohne äußere Regung zur Kenntnis. Ein Anwalt Chodorkowskijs sagte, die Verteidigung habe mit Haftforderungen in dieser Höhe gerechnet. Der Angeklagte hoffe aber weiter darauf, dass das Gericht unabhängig entscheiden werde. "Wir sind nicht wirklich zuversichtlich, aber wir haben immer noch etwas Hoffnung."

Chodorkowskijs Anwälte sagten, sie bräuchten fünf Tage, um ihre Schlussplädoyers vorzubereiten. Diese würden kommende Woche stattfinden, wenn das Gericht dem zeitlichen Aufschub zustimme. Sollte dies so sein, rechnen die Anwälte mit einem Urteil in der zweiten Mai-Hälfte.

Erzfeind

Regierungskritiker sehen den Fall Chodorkowskij und das Vorgehen der Steuerbehörden gegen Yukos als Versuch von Präsident Wladimir Putin, den Erzfeind Chodorkowskij zu entmachten und die Erdölindustrie dem Kreml zu unterstellen.

Chodorkowskij war Ende Oktober 2003 verhaftet worden, sechs Wochen vor der Parlamentswahl. Zuvor hatte der vielfache Milliardär angekündigt, Oppositionsparteien zu unterstützen. Lebedew sitzt seit Juli 2003 in Untersuchungshaft.

Wirtschaftsinteressen

Chodorkowskij selbst sieht Wirtschaftsinteressen hinter dem Vorgehen der Justiz. Die Behörden hatten seinen hoch profitablen Konzern Yukos, einst der größte Ölexporteur des Landes, wegen Steuerschulden in Höhe von insgesamt 20 Milliarden Euro zerschlagen, indem der Hauptförderbetrieb Juganskneftegas an den Konzern Rosneft ging. Vorsitzender des Rosneft-Aufsichtsrates ist der Vizestabschef des Kremls, Igor Setschin.

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