In den Siebzigern schickte sich ein frecher Österreicher an, die Ideen des Star-Ökonomen John Maynard Keynes anzuzweifeln. Zwischen dem Wiener Friedrich August von Hayek und dem Briten Keynes entwickelte sich alsbald eine Meinungsverschiedenheit, die als akademischer Kampf zweier Titanen in die Geschichte eingehen sollte. Professoren und Studenten versuchten seither, die Streitfrage nach freier Marktwirtschaft (Hayek) oder nicht ganz so freier Marktwirtschaft (Keynes) in ihren Lehrbüchern und Hörsälen zu klären. Wer hat recht von beiden? Wer hat den besseren Entwurf für unsere Wirtschaft? Und wer von beiden erklärt am besten, wie sie funktioniert?
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Heutzutage tobt der Streit auch im Netz, und zwar nach den Regeln, mit denen man dort - etwa auf Videokanal Youtube - möglichst viel Aufmerksamkeit erlangt. Dort sorgt seit Anfang der Woche ein Rapper-Clip für Aufsehen, den das "Wirtschaft- und soziale Gerechtigkeit"-Seminar der Roosevelt University in Chicago gedreht hat. Im Vorspann der siebenminütigen Inszenierung doziert ein Perückenträger über Hayeks "Österreichische Schule der Nationalökonomie". Plötzlich unterbricht ihn ein Student aus der hintersten Reihe. "Ich bin komplett anderer Meinung als Sie", sagt der Bursche, und seine Kommilitonen stimmen ihm zu. "Es ist eindeutig, dass es auf euren Märkten keine Gerechtigkeit gibt", rappt anschließend ein Baseballkappen-Träger. Die Schulbücher würden Studenten ihre "Moral verderben" , lautet ein Liedvers.
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Mit dem Film "Fürchte das Wirtschafts-Lehrbuch" antworten die Roosevelter Studenten auf die Netz-Clips von Russel Roberts, einem erklärten Verfechter der Gegenseite. Roberts, Ökonom an der George Mason University in Virgina, hatte zuvor mit seinen Rapper-Videos für die freie Marktwirtschaft und Hayeks Neoliberalismus geworben und eine große Fan-Gemeinde gewonnen. Allein das Video "Fürchte Aufschwung und Pleite" wurde mehr als fünf Millionen Mal geklickt. In dem Clip kommen sowohl Keynes als auch Hayek zu Wort, dargestellt von Schauspielern. Keynes wird jedoch als hemmungsloser Säufer und umtriebiger Weiberheld porträtiert. Klare Sache also, wen Roberts für den besseren Ökonomen hält.
Die Roosevelter Seminarteilnehmer sehen das anders, ihr Dozent Stephen T. Ziliak spricht von einem "sogenannten Sieg Hayeks" und beklagt, dass der Film von Roberts "keinen Raum für jegliche Form der Gerechtigkeit lässt". So zitiert das US-Onlineportal Inside Higher Ed den Hochschullehrer. Und deshalb griffen sie nun auch selber zur Videokamera.
Der Clip aus Chicago ist damit der jüngste Akt im postumen Kampf zweier berühmter Ökonomen. Es ist davon auszugehen, dass es nicht der letzte war.