Entwicklerkonferenz WWDC:Wie Apple das Leben seiner Kunden neu organisieren will

Lesezeit: 3 Min.

Apple-Chef Tim Cook bei der Apple Worldwide Developers Conference (WWDC) in Kalifornien. (Foto: JUSTIN SULLIVAN/Getty Images via AFP)

Eine KI, die Mails liest, Texte schreibt und zusammenfasst, Bilder verschönert, Emojis zeichnet und die Termine im Griff hat. Ist sie das nächste große Ding für Apple? Klar ist nun, wie es laufen soll mit künstlicher Intelligenz – und mit wem.

Von Helmut Martin-Jung

Die Frage schwebte schon länger über Apple, dem König Midas der Tech-Welt. Wann endlich werde sich der Konzern positionieren in dem Kampf der Giganten um die Vorherrschaft bei künstlicher Intelligenz. Nun, zum Auftakt von Apples Entwicklerkonferenz WWDC, hat der Konzern seine Antwort gegeben, auf eine sehr typische Art und Weise.

Künstliche Intelligenz auf Apple-Art“ – dieser Satz von Apple-Chef Tim Cook bringt es auf den Punkt. Wie schon so oft hat Apple nicht wirklich etwas völlig neu erfunden. Aber die Designer und Ingenieure haben Geräte und Software, die es schon gab, für die Masse nutzbar gemacht. Nun also für künstliche Intelligenz. Oder, wie Apples Software-Chef Craig Federighi die Strategie zusammenfasste: „KI für alle.“

Die KI-Funktionen wie etwa automatisch erzeugte Antworten auf E-Mails sind direkt in die jeweiligen Apps integriert und lassen sich sehr einfach auslösen. Die KI, die natürlich nicht plump KI heißt, sondern Wertigkeit atmend Apple Intelligence, liegt sozusagen wie eine Schicht über den Apps und kann – so wird es zumindest versprochen – auch Zusammenhänge erkennen. In der Präsentation ging es etwa um den Auftritt der Tochter, der sich mit einem Termin im Kalender überschnitt, dazu checkte die KI auch gleich noch die Verkehrslage.

Weil das alles sehr private Daten sind, die man nicht irgendwelchen Anbietern auf irgendwelchen Clouds überlassen will, hat Apple zwei Maßnahmen getroffen. Das System versucht, so viele Aufgaben wie möglich auf den Geräten selbst zu berechnen. Erst wenn deren Rechenkapazität dafür nicht ausreicht, muss die Cloud ran.

Der Chef des neuen Partners Open AI bekommt keinen Auftritt

Dafür hat Apple eine besondere Cloud entwickelt, deren Server mit speziellen Apple-Chips laufen und in der keine der Inhalte gespeichert werden sollen. Die KI-Berechnungen funktionieren nur auf neueren Apple-Geräten, die die dafür nötigen Chips haben. Beim iPhone sind das nur die Spitzenmodelle der jüngsten 15er-Serie, iPads und Macs müssen einen Chip der M-Reihe besitzen. Wer also dabei sein will bei der KI-Revolution, muss womöglich aufrüsten.

Apples Software-Chef Craig Federighi. (Foto: Nic Coury/AFP)

Die neuen KI-Fähigkeiten hat Apple nicht alle selbst entwickelt. Gegen Ende der Präsentation nennt Software-Chef Federighi den neuen Partner Open AI. Dessen Chef Sam Altman bekommt allerdings keinen Auftritt bei der wie immer streng durchgestylten Videokomposition. Chat-GPT mit seinem jüngsten Sprachmodell 4o ist die Grundlage zum Beispiel für die Schreibfähigkeiten.

Man kann Chat-GPT von Apple-Geräten aus auch kostenlos direkt nutzen, für die kostenpflichtigen Dienste allerdings muss man auch hier zahlen. Apple kündigte an, künftig noch weitere Modelle zu integrieren, nähere Informationen gab es allerdings nicht. Bis die neuen Fähigkeiten von Siri und die KI-Möglichkeiten weltweit genutzt werden können, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Im Herbst soll eine Vorabversion für die USA erscheinen, nicht-englischsprachige Länder müssen sich bis 2025 gedulden – eine genauere Angabe machte Apple nicht.

Erzkonkurrent Samsung bewirbt bereits offensiv Smartphones mit KI-Funktionen

Apple stand in Sachen KI unter Zugzwang. In der öffentlichen Wahrnehmung war der Konzern mit Sitz im kalifornischen Cupertino in den vergangenen Jahren weit ins Hintertreffen geraten, was generative Sprachmodelle wie Chat-GPT anbelangt. Mehr oder weniger unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hatte Apple zwar bereits einiges getan, um aufzuschließen zur Konkurrenz von Google, Microsoft oder auch Amazon.

Der große Wurf allerdings, ein Gamechanger, wie man ihn einem Konzern mit dem Anspruch von Apple zutrauen darf, ließ bisher auf sich warten. So wirkt etwa die Assistenzfunktion Siri mittlerweile auf viele Nutzer unflexibel und überholt. Erzkonkurrent Samsung bewirbt dagegen bereits offensiv mit den KI-Funktionen ausgestattete Smartphones – auch wenn deren Nutzen sich im Alltag noch in Grenzen hält.

Nichtsdestotrotz hat Elon Musk umgehend mit einem Verbot von Apple-Geräten in seinen Unternehmen gedroht, sollte der iPhone-Hersteller KI-Systeme von Open AI auf der Betriebssystemebene integrieren. Schließlich treibt der Tesla- und Space-X-Chef sein eigenes KI-System xAI voran.

Bei Apples Entwicklerkonferenz liegt der Schwerpunkt traditionell auf Software, gelegentlich wurde dabei auch schon neue Hardware angekündigt, zuletzt etwa Apples Computerbrille Vision Pro. Diesmal gab es nicht das berühmte one more thing, nur die Ankündigung, dass die Vision Pro bald auch außerhalb von Nordamerika zu haben sein soll, in Deutschland ist es am 12. Juli so weit.

Generell zeigte sich bei der Präsentation der kommenden Versionen von Apples Betriebssystemen für iPhone, iPad, Apple Watch und Mac-Computer, dass es weiterhin die Strategie des Unternehmens ist, alle diese Geräte zu einem immer dichteren Netz zu verweben. So lässt sich beispielsweise ein iPhone, das in einem anderen Zimmer des Hauses liegt, komplett von einem Mac aus steuern. Oder der Bildschirm eines Macs lässt sich drahtlos auf die Brille Vision Pro bringen, bis hin zu einem riesigen gebogenen virtuellen Bildschirm.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusWirecard-Prozess
:Die Frau, die nun den Ex-Wirecard-Chef verteidigt

Theres Kraußlach ist seit anderthalb Jahren die Pflichtverteidigerin von Markus Braun. Nach dem Ausscheiden von Staranwalt Alfred Dierlamm rückt die Juristin aus Erfurt nun ins Zentrum des Verfahrens.

Von Stephan Radomsky

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: