Wut der Bauern:Merkel, Milch und Meckereien

Die Bundeskanzlerin lädt zum Milchgipfel ein: Dort soll eine gemeinsame Linie gegenüber der EU festgelegt werden - gegen die richtet Merkel harte Worte.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt im Kampf gegen die Talfahrt der Milchpreise auf einen neuen Milchgipfel. Bei einem Spitzentreffen in der kommenden Woche sollten Bauernpräsident Gerd Sonnleitner und der Chef des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, Romuald Schaber, eine gemeinsame Position gegenüber der EU Kommission ausloten, teilte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm mit.

Merkel kritisierte wenige Tage vor der Bundestagswahl die bisherigen Hilfsangebote der EU-Kommission als nicht ausreichend. Die Proteste wütender Milchviehhalter gingen in Rheinland-Pfalz indes weiter.

Die Kanzlerin forderte außerdem mehr EU-Hilfen. "Es ist mir unverständlich, dass die Europäische Kommission in allen Wirtschaftsbereichen Programme zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise fordert, im Bereich der Landwirtschaft aber nicht bereit ist, auf die außerordentlich krisenhafte Situation zu reagieren", sagte Merkel nach Angaben des Regierungssprechers. Sie erwarte von der Europäischen Kommission deutliche Schritte zur Milderung der schwierigen Lage.

Hilfspaket von der EU

Die Kanzlerin sprach in einem Telefongespräch mit Sonnleitner und Schaber von einer "bedrückenden Situation" der Milchbauern. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hatte ein Hilfspaket vorgelegt, mit dem EU-Staaten mehr Möglichkeiten zum Aufkauf von Milchmengen bekommen sollen.

Einen Stopp der weiteren Erhöhung der Milchquote - der Obergrenze der Produktion - wie von Deutschland und anderen Ländern gefordert, lehnt die scheidende Kommissarin ab. Die Bundesregierung versucht seit vergangenem Jahr, den Niedergang der Rohpreise zu stoppen.

Auch ein Spitzengespräch beim damaligen Agrarminister Horst Seehofer (CSU) konnte 2008 nur kurzzeitig etwas ausrichten. Derzeit bekommen Bauern von Molkereien etwa zwischen 20 und 27 Cent pro Liter, Anfang 2008 waren es knapp 40 Cent.

Der FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann kritisierte: "Die Milchgipfel und Runden Tische der Bundesregierung haben den Milchbauern nichts gebracht." Der Bauernverband und der Milchviehhalterverband streiten seit mehreren Monaten darüber, wie den Bauern am besten geholfen werden kann. Der Milchviehhalterverband, in dem etwa ein Drittel der Milchbauern organisiert sind, fordert wie Bayern eine Steuerung der Milchmenge. Der Bauernverband verlangt etwa höhere EU Exportbeihilfen und höhere Stützungspreise. Einen Milchlieferstreik lehnt er ab.

Rheinland-pfälzische Milchbauern harrten im Kampf um höhere Milchpreise die zweite Nacht vor dem Landwirtschaftsministerium in Mainz aus. Rund 40 Traktoren stehen nach Polizeiangaben in der Straße vor der Landesbehörde, die gesperrt ist. Milchviehhalter protestieren europaweit gegen eine weitere Talfahrt der Preise.

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