Aus dem All nähert sich die Kamera dem Blauen Planeten. Riesige Bildschirme des Konferenzzentrums Palau de Congressos Catalunya in Barcelona zeigen das Mittelmeer, dann die grenzenlosen Wüsten Nordafrikas. Die Besucher sollen in Stimmung kommen. Die Botschaft: Der andere Kontinent ist nah. "Das ist die Vision von DII", donnert es aus den Lautsprechern. Für einen Moment herrscht Stille im babylonischen Sprachengewirr des Konferenzsaals.
Lange hatte manche afrikanische Regierung wenig für die Wüstenstrompläne aus dem fernen Europa übrig. Politiker warfen dem Projekt Neokolonialismus vor. Auf der ersten internationalen Desertec-Konferenz in Barcelona machen nun ganz neue Töne die Runde: Hochrangige Vertreter aus Afrika und dem Nahen Osten erklären erstmals offiziell vor 300 Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern die Bereitschaft zur Teilnahme am Milliardenprojekt. "Die Ölmärkte sind limitiert, unsere Sorgen angesichts der wachsenden CO2-Belastung groß", sagt Hassine Bouzid, Missionschef der Arabischen Liga. Das habe für die Ökonomien der Mitgliedsstaaten gravierende Folgen. "Desertec wird für uns ein wichtiges Thema", sagte Bouzid weiter. Zu den 22 Mitgliedsländern des Zusammenschlusses zählen unter anderem Marokko, Tunesien, Algerien, Ägypten und Jordanien.
Unterdessen kündigte das tunesische Energieunternehmen STEG seinen Einstieg in die Initiative an. Tunesien gilt wegen seiner günstigen Lage als aussichtsreicher Kandidat für die Realisierung erster Referenzprojekte. Die Energienachfrage in vielen afrikanischen Ländern wachse, sagte Mouldi Milet, Repräsentant des tunesischen Energieunternehmens STEG Energies Renouvelables. Gleichzeitig sei die Versorgung vielerorts noch immer unzureichend. Sein Unternehmen werde sich auch deshalb der Wüstenstrominitiative anschließen.
50 Unternehmen machen mit
Die Desertec Industrial Initiative DII war vor einem Jahr von zwölf Großkonzernen, darunter Siemens, Deutsche Bank und Munich Re, ins Leben gerufen worden. Seither ist sie rasant gewachsen. Heute sind über 50 Unternehmen involviert. Ziel der Initiative ist es, bis 2050 etwa 15 Prozent des europäischen Stroms mit grünen Technologien in den Wüsten in Afrika und dem Nahen Osten zu produzieren - die Menge des Gesamtbedarfs von Frankreich. "Die Unterstützung in Afrika wächst", sagt Munich-Re-Projektleiter Ernst Rauch. Das erhöhe die Chancen für mögliche Referenzprojekte. "Wir spüren in vielen Ländern wachsendes Interesse", sagte auch Bernd Utz, Leiter des Desertec-Projekts bei Siemens.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger kündigte in Barcelona an, die Energiepartnerschaft mit Afrika zu forcieren. "Sie liegt in unserem eigenen Interesse", sagte Oettinger. Er kündigte auf der Konferenz an, die Liberalisierung des immer noch national geprägten Energiemarktes voranzutreiben. Dem Rat der europäischen Energieminister wolle er einen einheitlichen Einspeisetarif für nordafrikanischen Solarstrom vorschlagen. Eine Einspeisevergütung nach dem Muster des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Deutschland würde Desertec voranbringen, sagte Oettinger.
Die Sorgen um neue Abhängigkeiten von Lieferungen aus unsicheren Ländern wies Oettinger zurück: "Seit Jahren importieren wir Gas aus Russland und Öl aus dem Nahen Osten. Warum sollten wir das jetzt nicht mit sauberen Energien machen?" Europa werde auch in Zukunft auf Energieimporte angewiesen sein.