Süddeutsche Zeitung

Fall Martin Shkreli:Warum die US-Justiz ein Wu-Tang-Clan-Album verkauft

Die USA haben "Once Upon a Time in Shaolin" veräußert - eine Platte, von der nur ein einziges Exemplar existiert. Sie gehörte einst dem "meistgehassten Mann Amerikas".

Von Jan Schmidbauer

Wer Staatsanwältin oder Staatsanwalt werden will, muss in der Regel sehr klug und fleißig sein. Schließlich gilt es, eine Menge Gesetze zu lernen. Hip-Hop ist hingegen nicht Teil des Jura-Curriculums. Was nicht heißt, dass man damit als Ankläger nicht in Berührung kommen könnte.

Es war Jacquelyn M. Kasulis, die amtierende Staatsanwältin des Eastern Districts von New York, die am Dienstag per Pressemitteilung etwas bekannt gab, das Hip-Hop-Fans weltweit interessieren dürfte. Eines der begehrtesten Alben des Planeten hat den Besitzer gewechselt: Die USA haben "Once Upon a Time in Shaolin" von der New Yorker Band "Wu-Tang Clan" verkauft - eine Platte, von der nur ein einziges Exemplar existiert. Von Käufer und Kaufpreis dürfe wegen einer Abmachung keine Rede sein.

Ob Staatsanwältin Kasulis etwas für dicke Bässe und Punchlines übrig hat, ist nicht bekannt. Der Verkauf erfolgte allerdings auch nicht aus privaten Interessen. Das Album ist Teil der ziemlich unglaublichen Geschichte eines Mannes, der Millionen Menschen gegen sich aufbrauchte und 2018 schließlich wegen Betrugs zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Mit dem Erlös der Platte sollen nun seine verbliebenen Schulden bei US-Behörden beglichen werden.

Martin Shkreli heißt der Mann, geboren in Brooklyn/New York. Einer, der schon früh wusste, dass er in der Welt des großen Geldes mitspielen will. Mit Mitte 20 gründete er seinen eigenen Hedgefonds, 2011 wurde er zum Pharmaunternehmer. Das Geschäftsmodell: Selten verwendete Medikamente aufkaufen und ihren Preis in die Höhe schrauben. 2015 wurde er damit international bekannt. Er hatte mit seiner Firma Turing ein 62 Jahre altes Medikament gekauft und den Preis quasi über Nacht um das 5000-fache erhöht.

Bei Hip-Hop-Fans verscherzte er es sich schließlich, als er die Wu-Tang-Scheibe für gerüchteweise zwei Millionen Dollar ersteigerte - und sich daran ergötzte, dass andere Menschen sie nicht hören können. Das dürfte vorerst auch so bleiben. Peter Scoolidge, der Anwalt des Käufers, sagte laut New York Times, dass sein Mandant sich an den ursprünglichen Vertrag halten müsse, nach dem die Platte 88 Jahre lang nicht kommerziell veröffentlicht werden dürfe. Immerhin durfte er offenbar selbst mal reinlauschen. Sein Fazit: "Das ist der Knaller, Mann!"

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