Worauf Profis setzen:Geparkt wird immer

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Mit dem Run auf die Städte steigt auch der Bedarf an Parkhäusern in Deutschland. Die zunehmende Enge begeistert die Bevölkerung wenig, Investoren dafür umso mehr.

Von Dagmar Deckstein

Zugegeben, die Begeisterung vieler Parkhausnutzer hält sich oft in engen Grenzen, so eng, wie die Zu- und Abfahrtswege und die Abmessungen der Parkbuchten bemessen sind. Zumal in älteren, längst in die Jahre gekommenen Parkhäusern, die den üppigeren Ausmaßen moderner Autos kaum noch gewachsen sind. Da heißt es mit viel Augenmaß kurbeln und rangieren, und am Ende gibt's dann doch Kratzer - von den immer höheren Parkgebühren, vor der Ausfahrt am Kassenautomaten zu begleichen, gar nicht erst zu reden.

Dafür wächst aber die Begeisterung der Investoren und Betreiber von Parkhäusern. Etwa die von Martin Eberhardt, Geschäftsführer des Immobilienunternehmens Bouwfonds Investment Management: "Geparkt wird nämlich immer."

Ohne Parkhäuser geht in den urbanen Zentren so gut wie gar nichts mehr; alte Anlagen müssen renoviert oder gleich neu gebaut werden. Gerne auch, wegen zunehmenden oberirdischen Platzmangels, als Tiefgaragen. Neben zahlreichen anderen Immobilien managt Bouwfonds, der zum Konzern der niederländischen Rabobank gehört, 45 Parkhäuser mit einem Volumen von 800 Millionen Euro in sieben europäischen Ländern. Fondsteilhaber sind institutionelle Investoren und Privatanleger. "Und unsere Parkhausfonds", fügt Eberhardt hinzu, "sind sehr begehrt." Denn Parkhäuser werfen eine vergleichsweise ziemlich attraktive Rendite von 4,5 bis 5,5 Prozent ab.

Gemessen an anderen Immobilienklassen fristen die Parkhäuser zwar ein Nischendasein, aber eines mit Potenzial. Oder, wie Eberhardt sagt: "Der Parkdruck in Städten steigt weiter. So nimmt die Anzahl der Haushalte zu, damit steigt auch die Anzahl der Autos. Gleichzeitig hält der Trend zur Urbanisierung mit Mischformen von Arbeiten, Wohnen, Shoppen und kulturellem Angebot in den Innenstädten an. Das alles führt zu einer steigenden Nachfrage nach Parkraum, insbesondere in den Metropolen, und das führt wiederum zu steigenden Parkgebühren."

Mehr Autos, weniger Abstellmöglichkeiten, und die Strafzettel werden immer teurer

Nicht zuletzt trägt auch das zunehmend restriktive Parkplatz-Reglement in den Innenstädten zum Parkhausboom bei. Immer weniger Parkplätze am Straßenrand, schon gar nicht kostenlose, stehen zur Verfügung. Und nicht von ungefähr schätzt Bouwfonds sein Heimatland Holland besonders, in dem ein "Knöllchen" ein Vielfaches von dem zum Beispiel in Deutschland fälligen Bußgeld kostet. Aber da kann wahrscheinlich jeder deutsche Autofahrer schon die Parkuhr danach stellen, dass auch Strafzettel im Lauf der Zeit immer teurer werden dürften.

Auch Dietmar Geppert teilt die Begeisterung für Parkhäuser. Der Marketingleiter bei Apcoa, einem der führenden Parkhausbetreiber mit 1,4 Millionen Stellplätzen in zwölf Ländern, sagt: "Unter Investitionsgesichtspunkten ist das Parkhaus sehr attraktiv. Denn die Umsätze sind stabil, da die Menschen in jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter das Parkhaus nutzen."

Obendrein, meint Eberhardt von Bouwfonds, sei der Aufwand in Bezug auf die Instandhaltung überschaubar. Außerdem liefen Pachtverträge mit Parkhausbetreibern in der Regel über 15 bis 25 Jahre. Ein Vorteil gegenüber Büro- und Einzelhandelsimmobilien, die oft schon nach wenigen Jahren revitalisiert, sprich: auf den neuesten Stand gebracht werden müssten.

Aber wie sollen potenzielle Parkhaus-Investoren die eher volatilen Zukunftsaussichten der Mobilitätsentwicklung in ihre Anlageentscheidung einpreisen? Car-Sharing, Elektro-Mobilität, selbstfahrende und selbstparkende Autos, ein per Handy-App abrufbarer Mix verschiedener Mobilitätsformen je nach Bedarf? Gar nicht erst zu reden von immer lauteren Überlegungen vieler Kommunen, Autos aus den Innenstädten fernzuhalten? "Ja, in den nächsten zehn Jahren werden wir wohl mehr Veränderungen erleben als in den letzten 30 Jahren." Meint Frank Meyer, der es wissen muss. Meyer ist Geschäftsführer der Q-Park Operation Germany, ein Parkhausbetreiber mit 800 000 Stellplätzen in zehn Ländern Europas, davon 109 Parkobjekte in 37 deutschen Städten mit 88 000 Parkplätzen. Aber auch Meyer sieht mehr positive als negative Aspekte im zukünftigen Parkhausgeschäft.

40 Prozent des Parkhausmarkts in Europa sind in der Hand von Kommunen und Handelsfirmen

So stünden auch Parkhausbetreiber im kommenden Jahrzehnt vor der großen Herausforderung Digitalisierung. Ob Online-Shops für Kurz- und Dauerparker, bargeldloses Bezahlen per Smartphone oder Parkplatz-Such-Apps. Auch in Sachen Elektromobilität gelte es, künftig in Parkhaus-Ladestationen zu investieren, sagt Meyer, selbst wenn heute gerade mal erst 32 000 E-Autos in Deutschland zugelassen seien. Selbstfahrende und selbstparkende Autos seien zwar derzeit noch im Versuchsstadium, aber auch da arbeite Q-Park bereits an einigen Pilotprojekten wie etwa am Berliner Alexanderplatz, um langfristig für ganz neue Herausforderungen gerüstet zu sein. "Geparkt wird immer", so lautet ja Eberhardts Devise. Das sieht auch der Frankfurter Immobilienfonds-Anbieter Catella so, der ebenfalls Parkhäuser im Portfolio hat.

Catella-Geschäftsführer Thomas Beyerle: "Die Trends zu Car-Sharing, Elektrofahrzeugen und hochautomatisiertem Fahren sind kein Nachteil für die Investition in Parkhäuser. Im Gegenteil: Sie verstärken die Nachfrage nach bezahltem Parkraum." Der in der Regel hohe Nachfrageüberhang stärke die Marktmacht der Betreiber und mache tendenziell höhere Preise durchsetzbar. Das Betreiberrisiko des Parkhausinvestors sei zudem aufgrund des einfachen Geschäftsmodells als begrenzt einzustufen. Und, sagt Beyerle weiter: "Selbst im Insolvenzfall des Betreibers kommt der Zahlungsstrom nicht zwingend zum Erliegen."

Zwar fehlt es noch etwas an der Markttransparenz und Datenverfügbarkeit für eine tief greifende Analyse, wer wann, wo und wie lange die Parkhäuser Europas aufsucht. Aber Catella hat schon mal zusammengetragen, was es aus einigermaßen validen Statistiken herauszufiltern gibt. In einer aktuellen Catella-Marktstudie "Parken in Europa" heißt es:

"Wir schätzen, dass in Westeuropa (EU-28) rund 300 Millionen öffentliche Parkplätze existieren. Davon befinden sich über 80 Prozent auf öffentlichem Raum (on-street). Eine Parkgebühr muss man auf etwa elf Millionen (3,6 Prozent) Abstellplätzen entrichten. Die schwache Datenbasis ist ein Hinweis auf die weitgehend atomistische Anbieterstruktur. Die Grundgesamtheit des Parkhausmarkts in Europa definieren wir mit rund 48 000 Objekten. Davon sind circa 40 Prozent in der Hand von Kommunen und Handelsunternehmen (Shopping-Centern), 30 Prozent sind dem Eventbereich (Theater/Kino) zuzuordnen und rund zehn Prozent lassen sich an den jeweiligen Flughäfen lokalisieren. Etwa 20 Prozent sind einer diffusen Nutzerstruktur zuzuordnen. In Bezug auf den Ertrag der Parkhäuser (europäischer Gesamtumsatz im Jahr 2015 von 8,58 Milliarden Euro) hat Deutschland mit rund 25 Prozent am Gesamtumsatz den größten Marktanteil - gefolgt von Frankreich (17 Prozent) Großbritannien (16 Prozent), Italien (15 Prozent) und Spanien (acht Prozent)."

Kurz zusammengefasst: Geparkt wird immer. Aber immer häufiger geht das wohl nur noch in kostenträchtigen Parkhäusern. Gut möglich, dass manch genervten Parkhaus-Besucher etwas über die Unbilden hinwegtrösten kann - seine Parkhausfonds-Beteiligung.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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