Woolworth ist zahlungsunfähig:Furcht vor dem Jobdesaster

Eine der größten Pleiten in der aktuellen Krise: Woolworth in Deutschland hat Insolvenz angemeldet, 11.000 Mitarbeiter müssen um ihren Job bangen - fast halb so viele wie bei Opel.

Die Billigkaufhauskette Woolworth, der Modellbahnhersteller Märklin, Hertie und der Autozulieferer Edscha haben etwas gemeinsam: Sie alle gehören Finanzinvestoren - und alle haben Insolvenz angemeldet.

Woolworth, AP

Noch im Februar hatte das Unternehmen von Chancen in der Wirtschaftskrise gesprochen - jetzt ist es pleite

(Foto: Foto: AP)

Unternehmen, die von Heuschrecken übernommen und oft genug hoch mit Krediten belastet wurden, scheinen in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise besonders anfällig zu sein.

Der Insolvenzantrag von Woolworth ging bereits am Samstag ein, wie das Amtsgericht Frankfurt am Main mitteilte.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Ottmar Hermann ernannt.

Woolworth betreibt in Deutschland und Österreich etwa 330 Filialen und beschäftigt rund 11.000 Mitarbeiter - fast halb so viele wie Opel in Deutschland. Das 1926 gegründete Unternehmen gehört seit 2007 der britischen Investment- und Beratungsgesellschaft Argyll Partners.

Zum Sortiment gehören etwa 50.000 Artikel aus den Bereichen Bekleidung, Wäsche, Schreib-, Spiel- und Haushaltswaren, Heimtextilien und Drogerieartikel. Über den genauen Grund für den Insolvenzantrag machten auf Nachfrage weder das Gericht noch das Unternehmen Angaben.

Rechtsanwalt Hermann, der unter anderem die Pleite des Baukonzerns Philipp Holzmann abgewickelt hatte und auch vorläufiger Insolvenzverwalter des Fahrzeugbauers Karmann ist, war zunächst nicht zu erreichen.

Chef für einen Monat

Das Manager Magazin hatte am Wochenende berichtet, Woolworth Deutschland gehe das Geld aus. Trotz umfangreicher Kostensenkungen sei angeblich keine ausreichende Liquidität mehr gesichert.

Als Ersatz für ihre Löhne erhalten die Mitarbeiter nun Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit. Das Insolvenzgeld ist auf die drei Monate vor der Eröffnung des Hauptverfahrens begrenzt.

Erst Anfang März hatte Woolworth Deutschland mit dem 39-jährigen früheren Lidl-Manager Stefan Rohrer einen neuen Geschäftsführer präsentiert. Laut Manager Magazin hatte Rohrer sein Amt aber bereits Ende des Monates wieder niedergelegt.

Offenbar habe ihn der Gesellschafter vor seiner Bestellung über die tatsächliche Situation im Unklaren gelassen, hieß es in dem Bericht.

Im vergangenen November hatte bereits das britische Traditionskaufhaus Woolworths Insolvenz angemeldet. Zuvor war der Notverkauf des Handelsgruppe und ihres Musik- und Video-Großhandels Entertainment UK gescheitert.

Woolworth in Deutschland war von dieser Insolvenz nicht betroffen: Die Auslandstöchter des US-Ursprungskonzerns Woolworth hatten sich in den achtziger und neunziger Jahren abgespalten.

US-Mutter konzentriert sich auf Sportartikel-Handel

Die Mehrheit an der deutschen Gesellschaft wurde zunächst von dem britischen Investor Electra Flemming gehalten. 2007 übernahm ein Unternehmen der britischen Investment- und Beratungsgesellschaft Argyll Partners das operative Geschäft.

Die US-Mutter hatte ihre Kaufhäuser in den USA bereits 1997 geschlossen und sich auf den Handel mit Sportartikeln verlegt. Der Woolworth-Konzern benannte sich erst in Venator um, seit 2001 heißt das Unternehmen Foot Locker.

Einmal mehr zeigt sich nun, dass es Unternehmen, die von Finanzinvestoren übernommen wurden, derzeit besonders schwer haben. Groß seien die Risiken vor allem denn, wenn Finanzinvestoren Unternehmen mit hohen Krediten gekauft und ihnen diese Schulden aufgebürdet hätten, meint die Finanzexpertin der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stuftung, Alexandra Krieger.

"Diese Firmen haben wenig Eigenkapital-Puffer. Sie können die Konjunkturkrise besonders schwer verkraften, weil sinkende Umsatzerlöse mit relativ hohen festen Kreditverpflichtungen zusammentreffen."

Die Finanzstruktur dieser Firmen sei für normale und gute Zeiten ausgelegt. Einer Krise, wie sie im Moment herrsche, seien sie nicht gewachsen.

Doch warnt die Expertin vor einer generellen Verunglimpfung der Private-Equity-Firmen. Ein Finanzinvestor als Eigentümer könne für die Unternehmen auch Vorteile haben.

"Große Fonds wie Blackstone oder KKR werden viel Wert darauf legen, eine Firma aus ihrem Besitz nicht ohne Not in die Insolvenz gehen zu lassen." Hier könne eine kriselnde Firma sogar von Kapitalspritzen der Mutter profitieren.

Nach einer Studie der Boston Consulting Group BCG und der IESE Business School der spanischen Universität von Navarra dürften fast die Hälfte der von Private-Equity-Firmen übernommenen Unternehmen wegen ihrer hohen Schulden in den nächsten drei Jahren Schwierigkeiten haben, ihre Kreditvereinbarungen zu erfüllen.

Den möglichen Abschreibungsbedarf beziffern die Experten in ihrer Studie "Get Ready for the Private-Equity Shakeout" ("Machen Sie sich bereit für die Marktbereinigung bei den Finanzinvestoren") auf weltweit rund 300 Milliarden Dollar (235 Milliarden Euro).

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