Zu wenig Baugenehmigungen und zu wenig Fertigstellungen, zu wenig Wohnungen und zu wenig neue Projekte: Die sogenannten Immobilienweisen kommen in ihrem Frühjahrsgutachten zu einem alarmierenden Fazit: „Der Wohnungsbau in Deutschland steckt in einer tiefgreifenden Krise.“ 2025 dürften nur noch 230 000 neue Einheiten gebaut werden - und damit weit weniger als die von der Bundesregierung ursprünglich angestrebte Marke von 400 000. „Wir müssen jetzt durch ein Tal der Tränen durch“, sagte Ralph Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am Dienstag bei der Vorlage des Gutachtens des Branchenverbands ZIA. „Wir haben eine riesige Lücke zwischen dem, was gebaut werden müsste und dem, was aktuell gebaut wird und in den nächsten Jahren auf den Markt kommt.“ Für dieses Jahr rechnen die Fachleute nur noch mit etwa 210 000 neu genehmigten Wohnungen - dies wäre gegenüber 2023 ein Einbruch um 45 Prozent. Die Rahmenbedingungen müssten weiter verbessert werden, sagte IW-Experte Henger.
Der Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Lars Feld sieht zwar auch erste Lichtblicke. „Wir sind aber aus der Baurezession, die wir in den letzten Jahren hatten, auch dieses Jahr noch nicht ganz raus.“ Die gesamte deutsche Wirtschaft befinde sich im vierten Jahr der Stagnation, sagte Feld. Für die nächsten Jahre müsse man sich vor allem zu einem Punkt Gedanken machen: „Wie schaffen wir es, billiger zu bauen.“ Die Präsidentin des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), Iris Schöberl, forderte für den Wohnungsbau einen Befreiungsschlag: „Weg mit dem Wust an starren Regulierungen.“ Auflagen beim Neubau bremsten wichtige Investitionen. Zudem sollte der Bund über die staatliche Förderbank KfW „Eigenkapital ersetzende Mittel und Bürgschaften bereitstellen, um stockende Neubauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen“ anzuschieben.
Bundesbauministerin Klara Geywitz sagte, einige Indikatoren der Baukonjunktur hätten sich verbessert - wie Kosten, Aufträge und Zinsen. Bund und Länder hätten mit Förderprogrammen zur Stabilisierung beigetragen. Wichtig für die Zukunft sei: „Wir müssen vor allem preiswerter und schneller werden.“ Hier soll der Gebäudetyp E helfen, sagte die SPD-Politikerin. Dabei gehe es darum, wie stark man von den DIN-Normen rechtssicher abweichen könne - „ohne, dass das einen Baumangel darstellt“. Zudem soll eine Novelle des Baugesetzbuches Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen.Um die Lage zu verbessern, schlägt das Expertengremium viele Maßnahmen vor: schnellere Verfahren durch Digitalisierung, Bürokratieabbau und mehr Personal in Bauämtern, eine stärkere Aktivierung von Bauland durch Kommunen und Schritte zur Kostensenkung. Hier sollten etwa standardisierte Bauverfahren stärker gefördert werden, die Grunderwerbsteuer gesenkt werden ebenso wie die Umsatzsteuer beim Wohnungsbau.Der Mangel an Wohnraum verschärfe sich in vielen Städten weiter - „mit weitreichenden Konsequenzen für die Mieten und Immobilienpreise“, schreiben die Experten. Mieten vor allem in begehrten Stadtlagen dürften weiter steigen. „Erstens ist das Mieten in Zeiten höherer Zinsen gegenüber dem Kaufen attraktiver, was die Nachfrage nach Mietwohnungen steigert“, hieß es. „Zweitens erhöhen die hohen Zinsen und Baukosten die Kosten für den Wohnungsbau, was zu weniger neuen Angeboten im Mietsegment führt.“ Auch die Immobilienpreise dürften wegen stagnierender oder sinkender Bautätigkeit hoch bleiben und dann nach und nach bei gleichem wirtschaftlichem Umfeld wieder steigen.