Süddeutsche Zeitung

Wohnmobile:Heute hier, morgen dort

Urlaub im Wohnmobil wird beliebter - ein eigener Camper ist teuer. Wer mietet, will ein sauberes, günstiges Fahrzeug. Dieses Start-up hat die Lösung.

Von Katharina Kutsche

Wer gern mit dem Wohnmobil verreist, muss sich entscheiden: regelmäßig neu mieten oder in ein eigenes Fahrzeug investieren. Als Mieter müssen Wohnmobil-Liebhaber in fremde Fahrzeuge in unbekanntem Zustand steigen. Und mitunter lange Wege zurücklegen, um das Mietfahrzeug abzuholen und nach dem Urlaub wieder abzugeben. Eigentümer wiederum brauchen einen Stellplatz, möchten ihr Gefährt gern besser auslasten und vor allem die hohen Anschaffungskosten wieder hereinbekommen.

Die Gründer Benoît Panel und Adrien Pinson wollen beiden Gruppen das Leben leichter machen. Auf ihrer Internet-Plattform Yescapa können sich Vermieter registrieren und ihre Fahrzeuge anbieten. Rund 3000 Wohnmobile, Kastenwagen und Camper sind derzeit im Angebot, an Standorten in Frankreich, Spanien, Schweden, Portugal, Großbritannien - und seit 2016 in Deutschland. Die Eigentümer sind in erster Linie Privatleute, in einigen Fällen auch gewerbliche Vermieter. Anfang dieses Jahres hat das Team um Panel zusätzlich zur Webseite eine Yescapa-App in acht Sprachen in die App-Stores gebracht.

Das Interesse an Caravanen steigt seit Jahren, die Zahl der Neuzulassungen auch

Die Erfolgsaussichten des Start-ups sind gut. Allein in Deutschland waren im Januar 2016 mehr als 400 000 Wohnmobile zugelassen, die aktuellen Zahlen bereitet das Kraftfahrtbundesamt derzeit auf. Klar ist jedoch, dass die Zahl der Neuzulassungen seit Jahren deutlich steigt - und damit auch das Interesse am mobilen Urlaub. Die deutsche Caravaning-Branche freut sich über Rekordsummen. Im vergangenen Jahr setzten Hersteller von Wohnmobilen und Wohnwagen etwa 4,8 Milliarden Euro mit Neufahrzeugen um - knapp 20 Prozent mehr als im Vorjahr 2015, teilt der Caravaning Industrie Verband CIVD mit.

Auf die Idee zu Yescapa kam der reisebegeisterte Mit-Gründer und Geschäftsführer Panel, als er vor einigen Jahren selbst ein Wohnmobil im Ausland ausleihen wollte und Probleme mit dem Versicherungsschutz hatte. "Ich wollte daher Vermietung und Versicherung im Paket anbieten, um Vertrauen zwischen dem Reisenden und dem Vermieter aufzubauen. Das baut Stress auf beiden Seiten ab", sagt Panel.

Der Ablauf auf Yescapa ist einfach: Vermieter bieten ihr Fahrzeug auf der Plattform an, die Anzeige kostet sie nichts. Interessierte Mieter schicken zunächst eine unverbindliche Reservierungsanfrage und bekommen innerhalb von 48 Stunden eine Zusage oder Ablehnung. Der zu zahlende Preis setzt sich aus der Miete für den Eigentümer, den Kosten für die Versicherung und einer Servicegebühr zusammen. Diese beträgt zehn Prozent des Mietpreises, im Minimum 30 Euro, und ist die wesentliche Finanzierungsquelle des Start-ups.

Wer mit einem Camper durch Südfrankreich fahren möchte, kann ihn dort mieten

Damit die Vermieter nicht Betrügern aufsitzen, müssen die Mieter den vereinbarten Preis direkt über die Webseite zahlen, entweder per Kreditkarte oder Sofortüberweisung. Das Geld wird zunächst auf einem Treuhandkonto verwaltet, auf das auch die Mitarbeiter von Yescapa keinen Zugriff haben. Erst zum jeweiligen Reisebeginn wird die Summe an den Vermieter gezahlt. Der Zahlvorgang ist verschlüsselt, die Plattform als "eTrusted Shop" zertifiziert. Auch die Versicherung wird erst mit erfolgter Überweisung aktiviert. Zudem müssen Mieter Kopien ihres Führerscheins und Personalausweises auf der Webseite hochladen sowie einen Wohnsitznachweis für die letzten drei Monate.

Gegründet wurde das Start-up vor fünf Jahren in Bordeaux. Damals hieß es noch "Irentmymotorhome" (Ich vermiete mein Wohnmobil), das war zu umständlich. Der aktuelle Name Yescapa soll an die englischen Wörter für Ja (Yes) und Flucht (Escape) erinnern.

Panels 30 Mitarbeiter kommen aus sechs Nationen. Seit der Gründung haben sie bis Ende 2016 insgesamt 120 000 Vermietungen mit rund 60 000 Reisenden aus 74 Ländern abgewickelt. In den nächsten Wochen und Monaten will das Team sein Angebot auf weitere europäische Länder ausweiten. Und gerade durch diese Vernetzung grenzt sich Yescapa von Konkurrenten wie den in Europa ausschließlich deutschlandweit agierenden Plattformen Shareacamper und PaulCamper ab. Wer mit einem Camper Südfrankreich erkunden möchte, kann das Fahrzeug auch in Südfrankreich anmieten - und damit mehrere Tage für die ansonsten lange Anfahrt aus Deutschland sparen. Denn die kann je nach Anzahl der Freikilometer auch noch teuer werden.

Die Anzeigen aus den Partnerländern können sich Interessierte per Mausklick übersetzen lassen. Eine Funktion, an der die Yescapa-Gründer allerdings noch arbeiten könnten, denn sie hat einen unfreiwilligen Unterhaltungswert: etwa wenn sie das französische Wort für die Bettnische, Capucine, mit Kapuzinerkresse übersetzt. Und in der will man doch lieber nicht schlafen.

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Quelle:
SZ vom 23.03.2017
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