Wohnen - Hannover:Immobilien: Kleine und mittlere Städte als Corona-Gewinner

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Neue fast fertige Wohnhäuser mit Eigentumswohnungen. Foto: Lothar Ferstl/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Hannover (dpa/lni) - Die veränderte Arbeitswelt könnte nach Corona vor allem den kleineren und mittelgroßen Städten in Niedersachsen in die Hände spielen. Zwar zeigten sich auf dem Wohnungs- und Häusermarkt aus derzeitiger Sicht noch keine ganz großen Umbrüche der Nachfrage, sagte Carolin Wandzik vom Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung (GEWOS) am Montag. Aber die "Flexibilisierung der Arbeit" mit mehr Homeoffice und weniger Pendelzwang womöglich auch nach der Krise dürfte den Trend verstärken, dass sich für Mieter und Käufer nicht mehr alles um die ohnehin teuren Großstädte drehen muss.

Die schon vorher zu beobachtende Entwicklung einer "starken Verlagerung von den Metropolen ins Umland" werde sich auch im Nordwesten stabilisieren, schätzte Wandzik bei einer Fachkonferenz. Viele Menschen würden Wünsche nach Urbanität und nach mehr Grün neu abgleichen. "Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der Arbeitgeber den Homeoffice-Anteil nicht auf Null zurückfahren wird", sagte sie.

"Profitieren werden die gut angebundenen Klein- und Mittelzentren." Andererseits würden für Beschäftigte, die keine größere Wohnung mit zusätzlichen Arbeitsräumen wollten oder sich diese nicht leisten können, mehr Co-Working-Lösungen auch in der Stadt infrage kommen.

"Die Städte strahlen ins Umland ab", sagte Wandzik. "Weite Teile des Umlands wachsen mit - zum Teil sogar dynamischer als die Stadt selber." In Niedersachsen seien Hannover und Oldenburg Beispiele, aber auch die Umgebung Bremens werde als Wohnlage immer gefragter. Prognosen zur weiteren Einwohnerentwicklung deuteten dies für West- und Ostniedersachsen an, während der Süden etwas schwächer sei.

Insgesamt bleibe die Bezahlbarkeit des Wohnens eine zentrale Frage - gerade vor dem Hintergrund von Einkommensverlusten in Corona-Zeiten. "Viele haben auf Reserven zurückgreifen können", so Wandzik. "Aber Insolvenzen werden oft erst noch kommen, und das Geld wird nicht mehr." Gleichzeitig stiegen die Immobilienpreise vielerorts weiter.

Etliche Kommunen in Niedersachsen hatten zuletzt große Flächen neuen Baulands ausgewiesen. Zudem entstanden besonders in den Städten neue Geschosswohnungen. Dennoch ist günstiger Wohnraum häufig schwer zu finden. Die Zunahme der Mieten bei Neuverträgen habe 2020 in den westdeutschen Landkreisen (3,6 Prozent) und kreisfreien Städten (3,4 Prozent) über dem Durchschnittsplus der beliebtesten Großstädte gelegen - in West-Kreisen auch die Kaufpreise von Wohnungen. In den Großzentren sei gleichzeitig keine langfristige Entspannung absehbar.

In Niedersachsen hatte der Bauboom im vergangenen Jahr trotz Corona angehalten. Mit 30 272 neuen Wohnungen lag der Wert laut dem Statistischen Landesamt um nahezu sieben Prozent höher als 2019. Fast die Hälfte der Wohnungen (13 317) entfiel auf Mehrfamilienhäuser mit mindestens drei Parteien, gefolgt von Einfamilienhäusern (11 681) und Zweifamilienhäusern (2800). Die Baukosten legten um drei Prozent auf im Schnitt knapp 117 000 Euro je neu gebauter Geschosswohnung zu.

Mehrfamilienhäuser würden als "wichtige Säule der Wohnraumversorgung gesehen - auch in ländlich geprägten Regionen, auch in Klein- und Mittelstädten", sagte Wandzik. Öffentlich geförderte Sozialwohnungen könnten möglicherweise zum Teil durch die anziehende Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern ersetzt werden. Die Chefin des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw), Susanne Schmitt, warnte aber, die starke Erhöhung der Baukosten etwa durch teurere Baumaterialien sei "mit großer Sorge" zu betrachten: "Vielleicht wird bezahlbares Wohnen noch wichtiger werden in den nächsten Jahren."

© dpa-infocom, dpa:210517-99-633913/3

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