Stuttgart (dpa/lsw) - Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg warnt vor aus ihrer Sicht dramatischen Folgen geplanter Kürzungen bei den Freiwilligendiensten. „Würden diese umgesetzt, verlören 4500 junge Menschen im Südwesten die Möglichkeit, sich bei ehrenamtlicher Arbeit beruflich zu orientieren“, erläuterte Liga-Chef Marc Groß mit Blick auf die bevorstehenden Haushaltsberatungen des Bundestags.
Im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr sind Einsparungen bei den Freiwilligendiensten wie dem Sozialen und dem Ökologischen Jahr (FSJ/FÖJ) und dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) von bundesweit 78 Millionen Euro vorgesehen. Am Donnerstag (16. November) tagt in Berlin der Haushaltsausschuss des Bundestags und will den Etat final beraten.
Im Südwesten gibt es insgesamt 20.000 Stellen im FSJ, FÖJ sowie im Bundesfreiwilligendienst. 10.000 Plätze entfallen auf die Liga. Mittel müssten aufgestockt, nicht gekürzt werden, meinte Groß und fügte zu: „Am sozialen Zusammenhalt darf nicht gespart werden.“ Soziale Leistungen seien die Grundlage für das Funktionieren der Wirtschaft, etwa wenn pflegende Angehörige entlastet werden.
Groß sieht gravierende Einschnitte bei Personalgewinnung voraus. „Es wird nicht nur aktuell Unterstützung in vielen sozialen Bereichen fehlen, sondern vor allem in zwei, drei Jahren an ausgebildeten Fachkräften“, sagte Groß. Der „Klebeffekt“ der Freiwilligendienste - also der Prozentsatz derer, die nach dem Ehrenamt eine Ausbildung im gleichen Sektor aufnehmen - liege bei 40 bis 50 Prozent. Für Krankenhäuser, Pflegeheime, Rettungsdienste, Katastrophenschutz, Einrichtungen für behinderte Menschen, Migrationsberatungen werde sich die Personalsuche noch schwieriger gestalten als ohnehin.
Der Bundesfreiwilligendienst ist ein Angebot an Menschen jedes Alters, sich außerhalb von Beruf und Schule für das Allgemeinwohl zu engagieren - im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich, im Sport, der Integrationsarbeit sowie im Zivil- und Katastrophenschutz. Nach Angaben der Bundesregierung engagierten sich Ende 2022 etwa 86.000 Menschen im Bundesfreiwilligendienst („Bufdi“) oder in einem Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahr.
Auch dem Städtetag sind die drohenden Streichungen ein Dorn im Auge. Die Menschen in Baden-Württemberg würden die von der Bundesregierung geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt unmittelbar zu spüren bekommen. Die Städte könnten wegfallende Bundesleistungen nicht ausgleichen. „Für die Menschen in den Städten und Gemeinden im Land wird es dunkel, wenn der Bund an den geplanten Kürzungen im Sozialhaushalt von rund 25 Prozent festhält“, resümierte der Kommunalverband.
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