Wirtschaftswachstum:Man gönnt sich was

Die privaten Konsumausgaben sind im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie zuletzt im Jahr 2000 - dem Arbeitsmarkt und dem Ölpreis sei Dank.

Von Benedikt Müller

Es hat etwas Pessimistisches an sich, dass die deutsche Sprache zwar den "Teufelskreis" kennt, nicht aber etwa einen "Engelskreis". Deshalb kann man es höchstens "Aufwärtsspirale" nennen, was gerade in der Wirtschaft passiert: Viele Menschen in Deutschland haben im vergangenen Jahr mehr Geld verdient als zuvor. Deshalb konnten sie mehr kaufen, mehr reisen und so weiter. Also haben die Unternehmen mehr zu tun - und brauchen weitere Arbeitskräfte. Der "Engelskreis" wäre geschlossen.

Zwar läuft in der Wirtschaft nicht alles nach Lehrbuch. Doch in den Statistiken des vergangenen Jahres spiegelt sich vieles wider: Die privaten Haushalte in Deutschland haben 2,5 Prozent mehr Geld ausgegeben als 2014, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag bekannt gab. Rechnet man die Inflation heraus, bleiben real 1,9 Prozent - das ist das höchste Konsumplus seit dem Jahr 2000.

Von privatem Konsum sprechen Statistiker, wenn Privatleute Waren kaufen oder Dienstleistungen bezahlen. Im Schnitt summiert sich das auf knapp 19 000 Euro pro Person und Jahr (siehe Grafik). Am meisten Geld gibt der durchschnittliche Deutsche für seine Wohnung, sein Auto und andere Verkehrsmittel aus. Besonders stark gestiegen sind 2015 die Ausgaben für Hotels und Restaurants sowie für Möbel und Haushaltsgeräte. Man gönnt sich eben was. Nicht zum privaten Konsum zählen dagegen Investitionen, beispielsweise der Kauf einer Immobilie oder einer Aktie.

Ökonomen sehen zwei maßgebliche Gründe des Kaufrauschs. "Ein Impuls ist die gute Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt", sagt Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Im vergangenen Jahr waren so viele Menschen in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt wie nie zuvor; die Zahl der Mini-Jobs ist gesunken. "Zudem haben sich die Löhne nach oben entwickelt", sagt Brenke. Ein weiterer Grund sei der niedrige Ölpreis. Dem Statistischen Bundesamt zufolge mussten Verbraucher im vergangenen Jahr weniger Heizkosten bezahlen; auch die Ausgaben für Kraftstoffe sind im Vergleich zu 2014 zurückgegangen. "Das ist eine ganz starke Entlastung für die Haushalte", sagt DIW-Forscher Brenke.

Ganz nebenbei kurbeln konsumfreudige Haushalte das Wachstum in Deutschland an. Denn der private Konsum macht mehr als die Hälfte des hiesigen Bruttoinlandsprodukts aus.

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