Wirtschaftsskandale im Rückblick:Lidl-Spitzel und Bahn-Boni

Erinnern Sie sich noch an die Spitzelaffäre bei der Telekom? An die Kameras bei Lidl und Edeka? Und den Bedienzuschlag bei der Bahn? Fest steht: Die deutschen Unternehmen machten im Jahr 2008 keine gute Figur. In Bildern

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Ende März 2008 deckt das Magazin Stern auf, dass der Lebensmitteldiscounter Lidl, mit Hilfe von Detektiven seine Mitarbeiter systematisch überwacht. In mehr als 500 Filialen werden private Angelegenheiten von Mitarbeitern festgehalten - etwa wie häufig Mitarbeiter auf die Toilette gehen oder wer mit wem ein Liebesverhältnis hat. Lidl versucht sich mit einer fadenscheinigen Ausrede aus der Affäre zu ziehen: Es gehe lediglich darum, Waren gegen Diebstahl zu sichern. "Offensichtlich übereifrige Detektive" hätten jedoch über ihren Auftrag hinaus Informationen beschafft. Dieser sogenannte "Übereifer" der Detektive kommt Lidl teuer zu stehen: Im September entscheidet das baden-württembergische Innenministerium, dass der Discounter ein Bußgeld in Höhe von fast 1,5 Millionen Euro zahlen muss.

Doch die Bespitzelungsaffäre hat weitere Ausmaße als zunächst angenommen. Denn nur wenige Wochen später räumen die Lebensmitteldiscounter Edeka und Plus ein, ihre Angestellten ebenfalls per Video überwacht zu haben. Von systematischer Überwachung will man jedoch auch hier nichts wissen.

Fotos: dpa/AP

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Ende Mai 2008 wird durch einen Spiegel-Artikel die Telekom-Überwachungsaffäre der Öffentlichkeit bekannt. Das Unternehmen hatte in den Jahren 2005 und 2006 Kontaktdaten von Managern und Aufsichtsräten zu Journalisten ausgespäht, um undichte Stellen im Konzern aufzudecken. Doch erst im Laufe des Jahres kristallisiert sich das ganze Ausmaß der Bespitzelungsaffäre heraus. Die Staatsanwaltschaft geht inzwischen davon aus, dass auch Verbindungsdaten von Betriebsräten und anderen Mitarbeitern ausgespäht wurden. Selbst Verdi-Chef Frank Bsirske soll der Bespitzelung zum Opfer gefallen sein. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn gegen 13 leitende Mitarbeiter der Deutschen Telekom. Darunter sind auch der ehemalige Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke und der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel.

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Nur wenige Monate später, im Oktober 2008, gerät die Telekom erneut in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Durch weitere Recherchen des Nachrichtenmagazins Spiegel wird bekannt, dass circa 30 Millionen Kundendaten der Mobilfunktochter T-Mobile über das Internet abgerufen und manipuliert werden können. Hinzu kommen 17 Millionen Kundendaten, die vermutlich aus einem Call-Center der Konzerntochter Vivento entwendet wurden. Aufgrund der Datenskandale schafft das Unternehmen deshalb eigens ein Vorstandsressort für Datenschutz. Offenbar vergebens: Denn Berichten zufolge haben Geschäftspartner der Telekom die Daten von einigen tausend Festnetz- und Internetkunden illegal weitergegeben. Rund 4000 Telekom-Kunden klagen über penetrante Werbung, Auftragspost von Versicherungen und Glücksspiel-Anbietern und sogar über unerklärliche Abbuchungen vom Konto.

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Nicht enden wollende Schlangen und unfreundliches Personal: Für den schlechten Service an den Schaltern verlangt die Deutsche Bahn im August 2008 auch noch Geld von den Kunden. Mit dem sogenannten "Bedienzuschlag" will das Unternehmen zukünftig für normale Fahrkarten beim Kauf am Schalter grundsätzlich 2,50 Euro Aufpreis erheben. Doch die Bahn macht die Rechnung ohne die Verbraucherschützer, Gewerkschafter und Politiker. Weil der Protest gegen den Bedienzuschlag immer lauter wird, wird dieser schlussendlich gekippt. Der Blutdruck der Kunden hat jedoch kaum Zeit sich zu erholen: Nur wenige Wochen später kündigt die Bahn an, dass die für Mitte Dezember geplante Preisanhebung bei den Tickets deutlich höher ausfallen wird als ursprünglich angenommen.

Foto: AP

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Der Ärger um die Deutsche Bahn ebbt nicht ab. Seit Oktober 2008 müssen deutschlandweit Millionen Fernverkehrskunden massive Einschränkungen in Kauf nehmen: Wegen Sicherheitskontrollen an den Achsen von ICE-Zügen kommt es zu erheblichen Verspätungen und Zugausfällen. Fast ein Drittel der etwa 70 ICE-T-Züge wird aus dem Verkehr gezogen - die vollständige Überprüfung aller ICEs kann noch Monate dauern.

Alles beginnt Anfang Juli mit der Entgleisung eines ICE auf dem Kölner Hauptbahnhof. Die Ursache: Ein Achsenbruch. Deshalb ordnet das Eisenbahnbundesamt (EBA) wesentlich strengere Kontrollen der Schnellzüge an. Das hält Bahn-Chef Hartmut Mehdorn noch für blinde "Panikmache". Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass Mehdorn, den damals noch für Oktober eingeplanten Börsengang nicht gefährden will. Dass es tatsächlich Risse an den Achsen des Zuges gegeben hat, gibt die Bahn jedenfalls erst im Oktober bekannt - nachdem klar ist, dass die Bahn nicht an die Börse geht.

Plötzlich kommt Bewegung in die Bahn: Alle ICEs werden auf Risse überprüft, obwohl die EBA eine Überprüfung alle 45.000 Kilometer erst ab dem 1. November fordert. Als Grund gibt die Bahn an, die Sicherheit der Kunden nicht aufs Spiel setzen zu wollen. Eine späte Erkenntnis.

Foto: dpa

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Der nächste Skandal lässt nicht lange auf sich warten. Doch dieses Mal trifft es nicht nur die Deutsche Bahn, sondern vor allem Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee gerät in Bedrängnis. Die Rede ist von den umstrittenen Bonuszahlungen, die das Ministerium im Falle eines erfolgreichen Börsengangs an die Bahn-Vorstände zahlen wollte. Tiefensee streitet zunächst jedoch jegliche Beteiligung ab und entlässt stattdessen lieber seinen Staatssekretär Matthias von Randow mit der Begründung, dass dieser ihn nicht über die millionenschweren Zahlungen informiert habe. Die Behauptung des Ministers, erst seit ein oder zwei Wochen von dem Vorgang zu wissen, stellt sich jedoch als falsch heraus - Tiefensees Rücktritt wird lautstark gefordert. Der Appell des SPD-Politikers an die Bahnvorstände, doch freiwillig auf ihre Boni zu verzichten, sorgt für weiteren Unmut. Doch trotz aller Kritik: Letztlich darf Tiefensee seinen Posten behalten.

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November 2008: Showdown im Untreue- und Betrugsprozess der AUB. 16 Jahre lang hat der frühere Siemens-Zentralvorstand Johannes Feldmayer die Arbeitnehmerorganisation verdeckt gesponsert. Im Gegenzug versorgte diese das Siemens-Management mit handzahmen Betriebsräten. So fließen im Laufe der Zeit über 40 Millionen Euro an den AUB-Bundesvorsitzenden Wilhelm Schelsky. Aufgrund der gesparten Mitbestimmungskosten zahlt sich diese enorme Summe dennoch für Siemens aus.

Die Affäre kommt die beiden Hauptverdächtigen jedoch teuer zu stehen. Das Nürnberger Landgericht verurteilt Wilhelm Schelsky zu viereinhalb Jahren hinter Gittern, Johannes Feldmayer erhält eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der Ex-Manager muss zudem 228.800 Euro Strafe bezahlen.

Foto: AP

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