Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in überzeugender Weise für den Euro ausgesprochen. Doch die Währungsunion wird nur Zukunft haben, wenn die deutsche Wirtschaftspolitik erkennt, dass wir selbst ein Teil des Problems wie auch der Lösung sind. Das bedeutet nicht, dass wir nicht mehr exportieren oder in unseren Anstrengungen um Produktivitätssteigerungen und Innovationen nachlassen sollen. Es bedeutet aber, dafür sorgen müssen, dass unsere Binnennachfrage endlich in Schwung bekommen.
Ein zentraler Ansatzpunkt für mehr Eigendynamik sind die hohen Ersparnisse der deutschen Wirtschaft, die seit Jahren überwiegend in ausländischen Geldanlagen investiert werden. Wenn es gelingen würde, diese Mittel verstärkt für Investitionen im Inland einzusetzen, würde das nicht nur die Inlandsnachfrage steigern. Es würde zugleich dazu beitragen, dass wir nicht länger unsere Altersvorsorge auf spanischen oder US-amerikanischen Schrottimmobilien aufbauen.
Im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik muss deshalb die Förderung der Investitionstätigkeit stehen. Dazu sollte zu allererst die Abgeltungsteuer auf Zinseinnahmen abgeschafft werden. Damit würde ein Instrument beseitigt, das die Anlageentscheidungen verzerrt, und zwar zu Lasten von Sachinvestitionen. Zugleich käme nebenbei auch noch mehr Geld in die Staatskasse. Eine degressive Abschreibung auf Neubauten und eine Eigenheimzulage würden viele Private wieder in die Lage versetzen, ihre Ersparnis in Immobilien zu lenken. Damit würde die Bildung von Sachvermögen endlich genauso gefördert wie die Vermögensanlage in Versicherungsverträgen. Sinnvoll wären außerdem Investitionsprämien für Unternehmen, die in energiesparende Produktionsanlagen investieren.
Das vitale Interesse am Euro
Aber die Privaten werden es allein nicht stemmen. Nach den bisherigen Planungen werden die öffentlichen Investitionen in den nächsten Jahren so gering ausfallen, dass sie nicht einmal die Abschreibungen ausgleichen. Der Staat sollte deshalb ein umfangreiches öffentliches Investitionsprogramm auflegen, auch wenn er sich dafür zusätzlich verschulden muss. Das Ersparte der Bürger ist momentan sicherer und ertragreicher in der deutschen Infrastruktur investiert als in ausländischen Staats- oder Unternehmensanleihen. Auf den ersten Blick würde ein solches Vorgehen mit den Bestimmungen der Schuldenbremse in Konflikt geraten. Aber man kann diese Bremse zeitweise außer Kraft setzen, wenn man es mit außergewöhnlichen Notsituationen zu tun hat, die sich der Kontrolle des Staates entziehen. Wenn die Eurokrise keine solche "außergewöhnliche Notlage" ist, was dann?
Deutschland hat ein vitales ökonomisches wie politisches Interesse am Euro. Doch ohne energische Anstrengungen der deutschen Wirtschaftspolitik für mehr Balance innerhalb des Systems wird die Europäische Währungsunion dieses Jahrzehnt nicht überleben. Peter Bofinger, 55, ist Professor für Volkswirtschaftslehre in Würzburg. Er gehört dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ("Fünf Weise") an.