Wirtschaftsminister Philipp Rösler:"Ich bin also der Neue"

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Der eine lobt den "lieben Philipp", der andere dankt dem "lieben Rainer": FDP-Chef Philipp Rösler übernimmt das Wirtschaftsministerium von Rainer Brüderle, der sich ein paar Seitenhiebe nicht verkneifen kann - und sich auf ein paar "Grätschen" freut.

Thomas Öchsner

Im Eingangsfoyer des Wirtschaftsministeriums hängen die Porträtfotos von 15 mehr oder weniger würdevoll blickenden Herren, abgelichtet in Schwarz-weiß. Es sind die deutschen Wirtschaftsminister, darunter der bekannteste - Ludwig Erhard (von 1949 bis 1963). Das vorletzte Bild in der Reihe, das von Michael Glos, wurde kürzlich ausgetauscht. Der CSU-Politiker, der mit diesem Amt nie glücklich war, sollte nicht mehr so mürrisch schauen. Bei seinem Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg ist inzwischen der Doktortitel verschwunden. Und bald gibt es wieder etwas Neues in der Ahnengalerie: Ein Foto von Rainer Brüderle wird sie verlängern. Er hatte am Montag im Ministerium sein letztes Heimspiel.

Amtsübergabe im Bundeswirtschaftsministerium: Philipp Rösler (links) und Rainer Brüderle. (Foto: dpa)

In der Kantine - und nicht wie beim Weggang von Guttenberg in der festlicheren Aula - übergibt Brüderle, 65, das Amt an seinen 38 Jahre jungen FDP-Kollegen Philipp Rösler. Der Alte spricht vom "Lieben Philipp", der Junge vom "Lieben Rainer", und jeder lobt den anderen. Brüderle, der als erster redet, sagt das, was man bei solchen Gelegenheiten so sagen kann. Er bedankt sich bei seinen engsten Mitarbeitern, erinnert daran, dass er sich im Kampf gegen Staatshilfen bei Opel oder Karstadt durchgesetzt hat, und verteilt ein paar Seitenhiebe: "Beim BDI werde ich mich woanders bedanken", ruft Brüderle und erntet Gelächter.

Der ehemalige Wirtschaftsminister war in Bedrängnis geraten, nachdem ein internes Sitzungsprotokoll des Industrieverbands über seine Äußerungen zum Atom-Ausstieg bekannt geworden war. Brüderle, bemüht um Anleihen aus der Sprache der Fußballer, kündigt noch an, dass er als neuer Chef der liberalen Bundestagsfraktion ein "freier Spieler" sei, der auch mal eine "Grätsche" wagen könne. Es ist ein Abtritt für immer von seinem Traumjob, gefolgt von freundlichem Applaus.

Nun ist sein Nachfolger Rösler an der Reihe. "Ich bin also der Neue", stellt sich der bisherige Gesundheitsminister den Mitarbeitern vor. Er erwähnt die Ahnengalerie, die ihm Respekt einflöße, bedenkt seine künftigen Untergebenen mit freundlichen Worten ("Ein Minister kann immer nur so gut sein wie seine Mitarbeiter") und erklärt, er freue sich auf die nächsten Jahrzehnte im Wirtschaftsministerium. Wieder gibt es Gelächter. Hier weiß jeder, dass in gut zwei Jahren Bundestagswahlen sind und Rösler angekündigt hat, mit 45 Jahren aus der Politik auszuscheiden.

Später beim Rausgehen sagt noch eine langjährige Mitarbeiterin des Ministeriums: "Ich bin seit 25 Jahren hier. Mir ist es völlig egal, welches Foto da im Foyer hängt." Thomas Öchsner

© SZ vom 17.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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