Wirtschaftskrise in Europa:EZB bedrängt die Politik

ECB's Draghi Announces Rate Decision

Will eine stärkere Wirtschaftsunion: EZB-Präsident Mario Draghi

(Foto: Bloomberg)
  • Nachdem die Europäische Zentralbank angekündigt hat, Hunderte Milliarden Euro in die Finanzwirtschaft zu stecken, nimmt sie nun die Politik in die Pflicht. Diese dürfe jetzt nicht warten, Reformen anzugehen, sagte EZB-Direktor Cœuré auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos.
  • EZB-Präsident Mario Draghi fordert eine "echte Wirtschaftsunion" in Europa. Eine solche Institution sollte die Mitgliedsländer zwingen können, notwendige Reformen auch umzusetzen.

Von Bastian Brinkmann, Davos

EZB will Politik keine Zeit erkaufen

Bis mindestens September 2016 will die Europäische Zentralbank (EZB) 60 Milliarden Euro monatlich in die Finanzmärkte stecken, hatte sie am Donnerstag verkündet. Damit soll den Regierungen aber nicht Zeit erkauft werden, um Reformen aufzuschieben. Das machte Benoît Cœuré auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos deutlich. Der Franzose Cœuré gehört zum sechsköpfigen EZB-Direktorium um Mario Draghi und drängte die europäischen Regierungen dazu, Reformen anzugehen.

Notenbank warnt vor Ungleichheit

"Wir haben unseren Teil erledigt, andere müssen ihren angehen", sagte er auf einer Podiumsdiskussion. Die Politik dürfe jetzt nicht lockerlassen. "Geduld zeigen ist ein genau das Risiko, das wir nicht eingehen wollen", so Cœuré. Das schwache Wirtschaftswachstum und die hohe Arbeitslosigkeit schwächten das europäische Projekt, warnte er. Die EZB sorge sich wegen der Ungleichheit in Europa.

EZB verlangt Reformen - und Investitionen

Nötig sei jetzt stattdessen eine Politik, die die Entscheidung der EZB unterstütze. Das sei am besten möglich durch strukturelle Reformen, dazu gehören beispielsweise Arbeitsmarktreformen. Um die Ungleichheit zu bekämpfen, bräuchte es Jobs für wenig qualifizierte Menschen.

Cœuré hat bereits häufiger das 315-Milliarden-Euro-Paket gelobt, mit dem EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die Wirtschaft stärken will. Allerdings enthält das Paket nur wenige Projekte, in die neues Kapital gesteckt wird. Cœuré forderte in Davos nun mehr Investitionen, darüber sollten die Finanzminister reden. Die nächste Gelegenheit dafür wäre bald: Die Minister treffen sich am Montag in Brüssel.

Draghi fordert "echte Wirtschaftsunion", die Reformen durchsetzt

Damit die Politik diese Punkt auch wirklich angeht, ist aus Sicht von EZB-Präsident Draghi eine "echte Wirtschaftsunion" nötig. Sie könnte die einzelnen Mitgliedsstaaten zwingen, Bürokratie abzubauen und den Wettbewerb zu fördern.

"Indem die Wirtschaftsunion die Regierungen zu Strukturreformen verpflichtet, macht sie glaubhaft, dass die Länder tatsächlich durch Wachstum ihre Verschuldung überwinden können", schreibt Draghi in einem Gastbeitrag für die Wirtschaftswoche. "Es sprechen gewichtige Argumente dafür, die Souveränität in diesem Bereich gemeinsam auszuüben - im Rahmen einer echten Wirtschaftsunion."

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