Dass Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer noch einmal Freunde werden, ist nach den jüngsten öffentlichen Scharmützeln der beiden Unions-Haudegen wenig wahrscheinlich. Das gilt umso mehr, als der Bundesfinanzminister nach der Pkw-Maut bereits das nächste Thema im Visier hat, das dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef ganz und gar nicht schmecken dürfte: Um die schwächelnde Konjunktur in Europa zu beleben, wollen Schäuble und sein französischer Amtskollege Michel Sapin eine Investitionsoffensive starten und den Markt für Kreditverbriefungen wiederbeleben.
Dieser war während der Weltfinanzkrise zusammengebrochen. Es geht um jene sogenannten ABS-Papiere, die auch die Europäische Zentralbank (EZB) künftig aufkaufen will - und die Seehofer erst am Wochenende in einer Philippika gegen die EZB als "Ramschpapiere" gebrandmarkt hatte.
Zwei Probleme würden gelöst
Hintergrund der Initiative ist die anhaltende Kreditknappheit in weiten Teilen Europas, die aus Sicht von Experten Investitionen behindert und das Wirtschaftswachstum belastet. Tatsächlich halten sich viele Geldhäuser bei der Darlehensvergabe zurück, weil sie Kredite mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen müssen als in früheren Jahren und viele Darlehen in der Vergangenheit nicht zurückgezahlt worden waren. Beide Probleme ließen sich - zumindest für die Banken - durch die Wiederaufnahme von Verbriefungen lösen.
Konkret wollen Schäuble und Sapin ein einerseits strenges, zugleich aber gut handhabbares, transparentes und europaweit einheitliches Regelwerk schaffen, das die Geldhäuser zu Verbriefungen ermuntert. Das geht aus einem internen Papier der beiden Regierungen hervor, dessen Inhalt die Staatssekretäre Thomas Steffen und Bruno Bézard auf Arbeitsebene bereits vorgestellt haben.
Am Samstag soll es beim Treffen der EU-Finanzminister in Mailand diskutiert werden. Das sechsseitige Dokument stammt vom 29. August dieses Jahres und ist als "Non-Paper" deklariert - offiziell existiert es also gar nicht.
Bei einer Verbriefung bündelt eine Bank Darlehen ihrer Kunden, also zum Beispiel Immobilien-, Auto- oder Verbraucherkredite, zu Paketen und verkauft sie in Form von Wertpapieren an Investmentfonds und andere Finanzhäuser weiter. Damit belasten sie nicht länger das Eigenkapital der Bank und machen den Weg frei für die Vergabe neuer Darlehen. Die Käufer der Wertpapiere wiederum erhalten eine höhere Rendite als bei anderen Anlageformen. Sie speist sich aus den Zins- und Tilgungszahlungen der Kreditnehmer. Ein Beispiel für ein solches Konstrukt ist der Pfandbrief.