Wirtschaftsaussichten:"Härter, als man denkt"

Es könnte nochmal eine eins vor dem Komma stehen, keine Null. Das erwartete Wachstum werden die deutsche irtschaft aber nur dann erreichen, wenn es nicht zu einem Brexit-Chaos kommt, so der BDI. Dessewn Gefahren werden nach wie vor unterschätzt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Mit Glück bleibt eine Eins vor dem Komma. Und, glaubt man dem Industrieverband BDI, entscheiden sich die Nachkommastellen in den nächsten Wochen - denen bis zum Brexit. "Unsere Firmen schauen in diesen Tagen in den Abgrund", sagt BDI-Präsident Dieter Kempf. Die Lage sei dramatisch, schon jetzt hätten Firmen angekündigt, ihre Produktion in Großbritannien von April an ruhen zu lassen. Andere zögen Wartungsarbeiten auf der Insel vor, um noch vor dem derzeitigen Austrittsdatum fertig zu werden, dem 29. März. Aufschnüren allerdings dürfe man das Abkommen zwischen der EU und Großbritannien auch nicht mehr. Unternehmen könnten Änderungen am Vertragswerk nicht "über Nacht" umsetzen. "Eine politische Lösung muss weiter möglich sein", sagt Kempf. Das allerdings verlange, "dass sich endlich Realitätssinn in London breit macht".

Der Verband rechnet für dieses Jahr mit 1,5 Prozent Wachstum, also ungefähr so viel, wie das Statistische Bundesamt dieser Tage für das vergangene Jahr errechnet hat. Sollte dagegen das Vereinigte Königreich ungeregelt aus der EU austreten, könne sich das Wachstum leicht um einen halben Prozentpunkt verringern. "Die Effekte eines harten Brexits werden unterschätzt", sagt BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Würde man jeden einzelnen Effekt addieren, könnten "ziemlich hohe Summen" herauskommen. Die Folgen, so Lang, "könnten deutlich härter sein, als man denkt".

Es ist nicht die einzige Unsicherheit für 2019. "Wirtschaftlich sind die besten Zeiten einfach vorbei", sagt Kempf. Schon der Blick auf die Weltmärkte bereite "eine Menge Bauchschmerzen", etwa der weiter ungeklärte Handelsstreit zwischen China und den USA. Auch im eigenen Land seien die Bedingungen nicht rosig, sowohl Union als auch SPD hätten "Nachholbedarf bei wirtschaftspolitischer Kompetenz". So liege die effektive Steuerlast der Unternehmen bei mehr als 30 Prozent. "Ein deutliches Signal von maximal 25 Prozent wäre wichtig", sagt der BDI-Präsident. Das liege dann auf dem Niveau der Industriestaaten-Organisation OECD. "Es geht nicht darum, tumbe Steuersenkungen zu fordern", sagt Kempf. "Wir haben uns aus dem Steuerwettbewerb einfach herausmanövriert." Dies sei ein "schleichender Prozess". Aus der Regierung aber gebe es in dieser Frage nur widersprüchliche Ansagen.

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