Wirtschaftlicher Aufschwung:Nur nicht blenden lassen

Gute Aussichten? Die Bundesregierung will ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr von 1,4 auf 3 Prozent anheben. Bundesfinanzminister Schäuble warnt währenddessen vor einem Verdrängen der Krise. Noch sei die Gefahr nicht gebannt.

Der Wirtschaftsaufschwung beflügelt die Konjunkturerwartung der Bundesregierung. Sie will ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 1,4 Prozent auf drei Prozent anheben, wie die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf Unionskreise berichtet.

Bundesfinanzminister Schaeuble zu Sparmassnahmen im Haushalt 2011

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnt davor, die Herausforderungen der Finanzkrise angesichts guter Konjunkturdaten zu verdrängen.

(Foto: ddp)

Die Bundesbank hatte sich bereits darauf festgelegt, dass das Bruttoinlandsprodukt um rund drei Prozent steigen wird. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) rechne nur noch mit einer Nettokreditaufnahme des Bundes in 2010 von weniger als 57,5 Milliarden Euro, hieß es weiter in dem Zeitungsbericht. Zuletzt war offiziell von 65 Milliarden Euro Minus die Rede, zu Jahresbeginn gar von 80,2 Milliarden Euro.

Zudem erwartet die Regierung dem Bericht zufolge, dass die Arbeitslosenzahl bis Jahresende unter die Drei-Millionen-Grenze fallen wird. Aufgrund der besseren Entwicklung des Arbeitsmarktes im Vergleich zu den Prognosen zu Jahresbeginn will sie den Bundeszuschusses an die Bundesagentur für Arbeit um sechs Milliarden Euro senken.

Der CDU-Politiker Georg Schirmbeck sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Auch 2011 sieht die Bundesregierung klare Anzeichen für eine Verstetigung des Wirtschaftswachstums und der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, auch wenn die Wachstumsrate geringer ausfallen dürfte als in diesem Jahr."

Bundesfinanzminister Schäuble hat hingegen davor gewarnt, angesichts guter Wirtschaftsdaten die Herausforderungen der Finanzkrise zu verdrängen. "Dieses Vergessen birgt enorme Gefahren", schreibt Schäuble in einem Fünf-Punkte-Plan für die künftige Finanzpolitik, den das Magazin Focus vorab veröffentlicht hat.

"Zum einen haben wir es nach wie vor mit einem nicht mehr zu verantwortenden Schuldenberg zu tun, zum anderen sind noch nicht alle Maßnahmen getroffen, um unser Land vor künftigen Finanzmarktkrisen zu schützen." Um den Wohlstand in Deutschland zu sichern, seien für die weitere Legislaturperiode in der Finanzpolitik fünf Punkte zentral, an denen er sich messen lasse, so Schäuble: den Haushalt konsolidieren, die Eurozone stärken, die Finanzmärkte reformieren, die Kommunalfinanzen stabilisieren und die Steuern vereinfachen. Als konkretes Beispiel nannte er die vorab durch das Finanzamt ausgefüllte Lohnsteuererklärung.

Mehr Handlungsspielraum für Kommunen

"In der Krise war es richtig, mehr Schulden zu machen. Aber was in der Krise richtig war, ist nach der Krise falsch", schreibt der Minister. "Nach der Krise müssen wir die Neuverschuldung wieder reduzieren, um die Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen."

FDP faction leader Homburger gestures during an interview with Reuters in Berlin

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger forderte Nachbesserungen am Sparpaket.

(Foto: REUTERS)

In Deutschland hält Schäuble Steuer- und Abgabenentlastungen dennoch für möglich. Der Spielraum dafür sei zwar begrenzt, aber mittelfristig werde die Regierung "sich ergebende Handlungsspielräume nutzen". "Ich schließe Steuersenkungen als Teil einer wachstumsfreundlichen Konsolidierungspolitik nicht aus, wenn sie unter Einhaltung der Schuldenbremse möglich sind. Wichtiger ist es jetzt erst einmal, die Steuern zu vereinfachen."

Für die Reform der Kommunalfinanzen kündigte Schäuble Veränderungen bei Einnahmen und Ausgaben an. "Die Steuereinnahmen der Kommunen schwanken im Zeitablauf stark, und viele Kommunen haben damit Schwierigkeiten. Zudem klagt die kommunale Gemeinschaft zu Recht darüber, durch stärkere Vorgaben der Länder und des Bundes vor allem im Sozialbereich immer weniger Handlungsspielraum vor Ort zu haben."

FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger hat unterdessenNachbesserungen am Sparpaket der Bundesregierung gefordert. "Am Paket wird es mit Sicherheit noch Änderungen geben", sagte sie dem Hamburger Abendblatt. "Zum Beispiel werden wir uns den Kabinettsbeschluss zum Insolvenzrecht von dieser Woche genau anschauen." Der Fiskus dürfe nicht den ersten Zugriff haben, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig werde. Homburger kündigte zudem an, die schwarz-gelbe Koalition werde die Etats aller Ressort "auf weitere Einsparpotenziale abklopfen".

Forderungen, Gutverdiener stärker an der Haushaltskonsolidierung zu beteiligen, lehnte die FDP-Politikerin ab. "Wir wollen den Aufschwung fördern und nicht abwürgen," sagte sie zur Begründung. Zugleich forderte Homburger weitere Steuersenkungen noch in dieser Wahlperiode. Zwar habe die Koalition die Haushaltssanierung in den Vordergrund gestellt. Sie könne es aber "schaffen, noch in dieser Legislaturperiode die Spielräume zu erarbeiten, um die unteren und mittleren Einkommensgruppen weiter zu entlasten". Die gute wirtschaftliche Entwicklung werde dabei helfen.

Homburger verwies zudem auf Pläne der Koalition, das Steuerrecht in diesem Herbst zu vereinfachen, "beispielsweise durch eine vom Finanzamt vorausgefüllte Lohnsteuererklärung". Die Vereinfachung bringe eine Entlastung der Bürger im Umfang von schätzungsweise 500 Millionen Euro. "Aber wir werden uns nicht darauf beschränken", hob die FDP-Fraktionsvorsitzende hervor.

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