Wirtschaft kompakt:Zu viel Macht für Lidl

Achtung, Lidl! Die EU-Kommission sorgt sich um die Märkte in Rumänien und Bulgarien. Außerdem: Neckermann zurück in den schwarzen Zahlen. Das Wichtigste in Kürze.

Der Einstieg des Discounters Lidl beim Konkurrenten Tengelmann in Bulgarien und Rumänien stößt bei der EU auf Bedenken. Wenn Lidl wie geplant die Supermärkte der Tengelmann-Tochter Plus in Bulgarien und Rumänien übernimmt, könnte der Konzern nach Ansicht der EU-Kommission den dortigen Markt beherrschen und andere Konkurrenten verdrängen.

Discounter laeuten neue Preissenkungsrunde fuer Lebensmittel ein

Die EU-Kommission warnt vor verzerrtem Wettbewerb: Wenn Lidl die Plus-Supermärkte in Bulgarien und Rumänien übernimmt, könnten sie dort den Markt beherrschen.

(Foto: ag.ddp)

Die geplante Transaktion würde "den Wettbewerb auf dem bulgarischen und dem rumänischen Markt für Waren des täglichen Bedarfs erheblich beeinträchtigen", schrieb die EU-Kommission nach einer vorläufigen Prüfung. In beiden Ländern haben die Plus-Töchter führende Marktpositionen. Die Kommission verwies den Fall an die nationalen Behörden zurück, die nun die Auswirkungen der Übernahme prüfen sollen.

Im Februar hatte das Familienunternehmen Tengelmann seine beiden Plus-Töchter an den Konkurrenten Lidl verkauft. Dabei geht es um 119 Filialen mit 2820 Mitarbeitern, die alle übernommen werden sollen. Voraussetzung dafür ist aber die Zustimmung der Kartellbehörden.

Rückkehr in die Gewinnzone: Der Versandhändler Neckermann wird nach Angaben des Firmenchefs Henning Koopmann noch dieses Jahr eine "schwarze Null" im Betriebsergebnis (Ebitda) haben, wie er dem Handelsblatt sagte.

Im ersten Quartal 2010 hätten die Umsätze im zweistelligen Prozentbereich über dem Vorjahreswert gelegen, hieß es unter Berufung auf Branchenbeobachter weiter. 2008 habe der Versandhändler im Hauptgeschäft in Deutschland noch ein operatives Minus von 133 Millionen Euro erzielt. Jeder Umsatzeuro sei mit rund 14 Cent gestützt worden. Auch 2009 schrieb der Konzern dem Bericht zufolge operativ rote Zahlen.

Grund für den Umschwung sei unter anderem die Pleite des Konkurrenten Quelle, in deren Folge Neckermann einen deutlichen Kundenzuwachs verzeichnet habe, hieß es weiter. Quelles Warenverkäufe in Höhe von 2,45 Milliarden Euro - davon zwei Drittel im deutschen Markt - blieben der Branche erhalten. Neben Neckermann profitiere auch Otto von der Insolvenz der Fürther.

Zudem sei das Neckermann-Management die internen Probleme angegangen und habe sowohl seinen Werbeauftritt als auch seinen Online-Auftritt angepasst, hieß es weiter. Der Katalog sei sparsamer strukturiert und der Außendienst aufgelöst worden. Neckermann gehört mehrheitlich dem Finanzinvestor Sun Capital.

49 Prozent hält indes der insolvente Handelskonzern Arcandor. Wegen der schlechten Ertragslage habe Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg die Beteiligung nach seinem Antritt bei Arcandor faktisch schon abgeschrieben. Nun aber heiße es vonseiten des Insolvenzverwalters, dass eine Veräußerung der Anteile keine Eile mehr habe, berichtete die Zeitung.

Bußgeld gegen ArcelorMittal

Der weltgrößte Stahlproduzent ArcelorMittal muss mit einem Bußgeld aus Brüssel wegen verbotener Preisabsprachen rechnen. Die EU-Kommission habe bereits die Summe festgesetzt und werde die Entscheidung nach ihrer Sitzung an diesem Mittwoch oder in der kommenden Woche verkünden, hieß es aus Kreisen der Behörde.

Neben ArcelorMittal gehörten zu dem Kartell insgesamt rund 40 Stahlfirmen aus mehreren europäischen Ländern. Im Oktober 2008 hatte die Kommission das Verfahren gegen sie eröffnet. Preisabsprachen zwischen Unternehmen zum Schaden von Konkurrenten und Verbrauchern sind in der EU verboten. Die EU-Kommission kann den Mitgliedern eines solchen Kartells Strafen bis zu zehn Prozent ihres Jahresumsatzes auferlegen.

Wegen der Wirtschaftskrise sind die Wettbewerbshüter derzeit aber bereit, die Bußgelder für notleidende Kartellsünder herabzusetzen. Erst in der vergangenen Woche hatte Brüssel ein "Badezimmer-Kartell" aus 17 Unternehmen - darunter die Sanitärausstatter Villeroy & Boch sowie Grohe - mit insgesamt 622 Millionen Euro Geldbußen bestraft.

ProSiebenSat.1 legt zu

Mit höheren Werbeeinnahmen und einem harten Sparkurs will der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 seinen Gewinn im laufenden Jahr steigern. Konzernchef Thomas Ebeling sagte bei der Hauptversammlung in München, das zweite Quartal bestärke seine Hoffnung auf Rückenwind: "Der Werbemarkt entwickelt sich recht positiv, und diese Entwicklung spüren wir auch im Geschäft." Trotzdem "wird uns auch das straffe Kostenmanagement weiter begleiten".

Ein weiteres Ziel sei es, die Gruppe breiter aufzustellen und so unabhängiger von TV-Werbung machen. "Wir erhöhen unseren Anteil an Bezahlinhalten über die Pay-TV-Kanäle hinaus auch im Bereich von Online-Videoangeboten, Games und Mobile-Applications", sagte Ebeling. Aktionärsschützer lobten die Rückkehr aus den roten Zahlen und die Erholung des Aktienkurses, kritisierten aber den enormen Schuldenberg von über drei Milliarden Euro. Das hänge wie ein Damoklesschwert über dem Konzern, sagte Klaus Schneider von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte, die Schulden seien höher als der Umsatz. Dieses Risiko müsse abgebaut werden, forderte sie.

Mit dem Umzug von Sat.1 nach München und dem Abbau von 500 Stellen hatte Ebeling die Kosten im vergangenen Jahr um zehn Prozent gedrückt und ProSiebenSat.1 in die Gewinnzone zurückgeführt. Der Umsatz sank zwar um fünf Prozent auf 2,76 Milliarden Euro, aber nach einem Verlust von 119 Millionen Euro im Vorjahr machte der TV-Konzern 145 Millionen Euro Gewinn. Dieses Ergebnis will Ebeling im laufenden Jahr übertreffen.

Im kommenden Jahr werde sich auch der soeben besiegelte Verkauf des Nachrichtensenders N24 positiv auswirken, sagte Ebeling. Ohne N24 werde der Konzern seine Verluste mit Nachrichten und Informationssendungen von 50 auf 25 Millionen halbieren. Im laufenden Jahr allerdings werden Abschreibungen und eine Mitgift für den Stellenabbau bei N24 das Ergebnis mit über 50 Millionen Euro belasten. Bergdolt lobte, dass der Verkauf eine dauerhafte Verlustquelle geschlossen habe.

Hauptgesellschafter von ProSiebenSat.1 sind die Finanzinvestoren KKR und Permira und der niederländische Telegraaf-Media-Konzern. Rund 75 Prozent der nicht stimmberechtigten Vorzugsaktien sind in Streubesitz.

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