Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Wonneproppen im Wonnemonat

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Noch vor kurzem klagten Deutschlands Unternehmen wo immer jemand zuhörte - doch nun herrscht wieder Zufriedenheit. Und: BP-Chef Hayward, nie um einen Segeltörn verlegen, hat plötzlich keine Zeit mehr.

Die Wirtschaft brummt. Darum hat sich die Stimmung deutscher Top-Manager im Juni überraschend aufgehellt. Der Ifo-Geschäftsklima-Index stieg auf 101,8 Punkte nach 101,5 Zählern im Mai. Analysten hatten hingegen im Mittel mit einem Rückgang auf 101,2 Punkte gerechnet.

"Die Konjunkturerholung setzt sich fort", lobte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Die Manager schätzten die Aussichten für die kommenden sechs Monate allerdings nicht mehr so gut ein wie im Mai.

Der Index für die Erwartungen sank auf 102,4 von 103,7 Punkten. Dagegen bewerteten die Betriebe ihre Geschäftslage erneut besser: Dieser Teilindex kletterte von 99,4 auf 101,1 Punkte. Der Ifo-Index gilt als der wichtigste Indikator für die Entwicklung der deutschen Wirtschaft.

Das Sparpaket der Bundesregierung wird nach Einschätzung des Ifo-Instituts die robuste Konjunkturerholung in Deutschland nicht stoppen. Die Maßnahmen seien wegen der hohen Verschuldung richtig und dienten einer nachhaltigeren Entwicklung, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Abberger. "Es ist auch nicht so scharf, dass es die Konjunktur abwürgt."

Der heftig kritisierte Chef des britischen Ölmultis BP, Tony Hayward, hat einen öffentlichen Auftritt in London abgesagt. Der Manager sollte auf einer Konferenz für Industrie- und Regierungsvertreter sprechen. Er sei aber wegen der Ölpest zu stark beschäftigt, sagte ein BP-Sprecher. Es wäre der erste öffentliche Auftritt Haywards in Großbritannien seit der Explosion der Plattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko gewesen. Erst am Wochenende hatte Haywards für Furore gesorgt, da er sich mitten in der schwersten Krise seines Unternehmens reichlich Zeit für eine Segelregatta nahm.

Elf Bundesstaaten an der Ostküste der USA gehen unterdessen wegen der Ölpest im Golf von Mexiko gemeinsam gegen den britischen Konzern BP vor. Die Regierungen wollen den Ölmulti für alle Kosten zur Rechenschaft ziehen, die durch den auslaufenden Rohstoff an ihren Küsten verursacht werden.

"Connecticut und ein Bündnis weiterer Staaten setzen BP und seine Partner offiziell davon in Kenntnis, dass wir nicht den Preis für ihr gewaltiges Versagen bezahlen werden", hieß es in einer Erklärung des Generalstaatsanwalts von Connecticut, Richard Blumenthal.

Die US-Regierung bat derweil BP und seine Partner zum dritten Mal für die Kosten der Bekämpfung der Ölpest zur Kasse. Die Rechnung für Maßnahmen der Behörden betrage dieses Mal 51 Millionen Dollar, teilte das Weiße Haus mit. Es erinnerte daran, dass BP als Verursacher der Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko für die Kosten ihrer Beseitigung aufkommen müsse. Zwei vorherige Rechnungen in Gesamthöhe von 70,89 Millionen Dollar habe der Konzern bereits "in vollem Umfang" bezahlt.

Nach jüngsten Konzernangaben hat die Ölpest BP bisher rund zwei Milliarden Dollar gekostet. In dem Betrag enthalten sind unter anderem die Kosten für die Eindämmung des aus dem lecken Bohrloch auslaufenden Öls und zwei Ersatzbohrlöcher, Subventionen für die betroffenen US-Küstenstaaten sowie Entschädigungszahlungen.

Die Ölindustrie in den USA will den von US-Präsident Barack Obama verhängten Bohrstopp im Golf von Mexiko gerichtlich aufheben lassen. Das sechsmonatige Moratorium, mit dem Obama auf die Ölpest im Golf reagierte, sei willkürlich und bestrafe die gesamte Branche, sagte der Anwalt David Rosenblum, der mehrere der 32 klagenden Unternehmen vertritt, am Montag bei einer Gerichtsanhörung in New Orleans. Bundesrichter Martin Feldman kündigte in der Anhörung eine Entscheidung bis spätestens Mittwoch an.

Möglicherweise werde er bereits am Dienstag zu einem Urteil kommen, sagte er. Klageanwalt Rosenblum sagte, es gebe im Golf "ein ganzes Ökosystem von Unternehmen, die durch dieses Moratorium jeden Tag geschädigt" würden.

Der Rechtsvertreter der US-Regierung, Guillermo Montero, machte hingegen geltend, dass die Sicherheitsstandards nach der Ölkatastrophe zunächst auf den Prüfstand gestellt werden müssten. Die Ölpest habe gezeigt, "dass es bei Tiefseebohrungen wirkliche Risiken" gebe. Von dem Bohrmoratorium sind 33 Ölquellen im Golf von Mexiko betroffen.

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