Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft kompakt:Wenn der Chef streikt

Zoff beim französischen Lidl: Ein Filialleiter geht auf die Straße, weil er die Arbeitsbedingungen seiner Angestellten "höllisch" findet. Außerdem: Yahoo schwimmt weiter ohne Auftrieb. Das wichtigste in Kürze.

Ein französischer Filialleiter von Lidl protestiert mit einem Streik gegen die Arbeitsbedingungen der Billigmarktkette. Das geforderte Arbeitstempo werde "immer höllischer", sagte Jean-Marie Hubert. "Wir arbeiten ständig im Eiltempo, und wir haben keine Zeit, das, was wir machen müssen, gut zu machen." Der Filialleiter legte deshalb die Arbeit nieder und stellte sich auf den Kundenparkplatz mit einem Schild, auf dem er seine Haltung erklärte.

Er habe sich nun für zwei Wochen krankschreiben lassen. Viele Mitarbeiter aber litten still vor sich hin, sagte Hubert, der seit 17 Jahren Filialleiter ist. Viele Angestellte hätten Rückenbeschwerden oder Sehnenentzündungen, weil sie im Laden alles machen müssten, vom Regale-Einräumen über die Kasse bis zum Putzen.

Die Vorgaben der Geschäftsführung würden immer härter, und wenn man ein Ziel verfehle, heiße es, man sei schlecht organisiert oder unfähig, sagte Hubert. Beschwerden lasse die Firmenleitung nicht gelten, "als ob Rückenbeschwerden und Bandscheibenvorfälle für sie mit zum Arbeitsvertrag gehören". Die Geschäftsführung müsse etwas dafür tun, dass die Mitarbeiter weniger Stress hätten, forderte der Filialleiter.

Ein Minus von 28 Prozent beim Gewinn - doch es hätte noch schlimmer kommen können für Yahoo. Der Internet-Konzernverdient verdiente im ersten Quartal 223 Millionen Dollar. Dieser schlechte Wert übertraf allerdings die noch viel schlimmeren Erwartungen der Analysten. Die Aktie stieg daher auch um 2,36 Prozent auf 16,50 Dollar.

Der Quartalsumsatz sackte um 24 Prozent auf 1,21 Milliarden Dollar ab. Allerdings liege dies an einmaligen Einnahmen im Vorjahresquartal sowie an einer Änderung der Bilanzierung im Zusammenhang mit der Suchmaschinen-Partnerschaft mit Microsoft, sagte ein Yahoo-Sprecher. Die beiden Unternehmen hatten sich im Suchmaschinengeschäft zusammengetan, um Marktführer Google besser Paroli bieten zu können.

Yahoo-Chefin Carol Bartz bekräftigte, Yahoo sei auf dem Weg zu einem "nachhaltigen Wachstum bei Umsatz und Gewinn". Sie will den Internet-Pionier als einen "Premium-Inhalte-Anbieter" positionieren. Auf diesem Weg trennte sie sich seit dem Amtsantritt im Januar 2009 von Firmenteilen und strich allein in den vergangenen Monaten mehrere hundert Jobs.

Yahoo finanziert sich vor allem über Werbung. Das sind zum einen Textanzeigen, die passend zu Suchergebnissen erscheinen. Dieser Bereich wird von Google dominiert. Der zweite große Geschäftsteil sind grafische Werbeanzeigen auf Websites, die sogenannten Banner. Die Erlöse in diesem Bereich wuchsen um 6,4 Prozent - allerdings wären es ohne eine Bilanzierungsänderung 17 Prozent gewesen, so der Konzern. Google drängt auch in diesen angestammten Geschäftsbereich von Yahoo. Zudem ist ein dritter großer Spieler im Kampf um die Werbemilliarden aufgetaucht: Das rasant wachsende Online-Netzwerk Facebook.

ProSiebenSat.1 geht auf Diät. Der Fernsehkonzern verkauft seine Benelux-Töchter an das finnische Medienunternehmen Sanoma und seine Partner. Damit verliert ProsiebenSat.1 zwar seinen nach Deutschland zweitwichtigsten Umsatzbringer. Mit dem Verkaufserlös von 1,23 Milliarden Euro kann aber der horrende Schuldenberg verkleinert werden. Die Fernsehsender in den Niederlanden sowie die auflagenstarke TV-Zeitschrift Veronica gingen an ein Konsortium aus Sanoma und der Firma Talpa des "Big Brother"-Erfinders und Milliardärs John de Mol. Die beiden belgischen Sender erwerben die Finnen zusammen mit zwei dortigen Unternehmen.

Der Preis ist hoch: Als ProSieben die Sparten vor fünf Monaten zum Verkauf stellte, rechneten Analysten höchstens mit 900 Millionen Euro. Das sah auch ProSieben-Konkurrent RTL Group so und war bereits am Dienstag wie von Reuters berichtet ausgestiegen.

Nicht verkauft hat ProSieben das Skandinavien-Geschäft, für das Ebeling zwei Gebote auf dem Tisch hatte. "Das hängt mit dem wahnsinnig guten Preis zusammen, den man für Benelux erlöst hat", sagte ein Insider. Zudem wollen die Eigner KKR und Permira den Medienkonzern nicht zu klein werden lassen.

Neue Leitungen sollen her, aber schnell. Die Bundesnetzagentur will den Ausbau der Stromnetze rasant vorantreiben. Noch in diesem Sommer wolle die Behörde damit beginnen, wichtige neue Trassen durch Deutschland festzulegen, berichtete die Frankfurter Rundschau.

Die Agentur werde einen Zehn-Jahres-Plan erstellen, sagte Netzagentur-Präsident Matthias Kurth. Dieser Plan wäre dann die Grundlage eines von der Regierung geplanten Gesetzes zur Beschleunigung des Netzausbaus Anfang Juni soll das Vorhaben beginnen. Innerhalb weniger Jahre könnten dann große Fortschritte beim Ausbau erzielt werden, so Kurth.

Die "Achillesferse" eines schnellen Ausbaus der erneuerbaren Energien sei derzeit das Stromnetz. Es sei nicht gebaut worden, um die hohen und schwankenden Energiemengen aus Öko-Strom-Kraftwerken zu verteilen. "Wir müssen vor allem mehr Strom von Norden nach Süden transportieren können", sagte Kurth. Derzeit machten die Kosten für die Übertragungsnetze etwa 2,5 Prozent des Strompreises aus.

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