Wirtschaft kompakt:Warnstreiks - Flugausfälle in Berlin

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Schon wieder gibt es gestrandete Flugreisende: Wegen Warnstreiks fielen in Berlin Dutzende Flüge aus. Außerdem: Magna darf Karmann nicht übernehmen. Das Wichtigste aus der Wirtschaft in Kürze.

Schon wieder gibt es Komplikationen im Flugverkehr: An den Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel litten die Fluggäste wegen Warnstreiks des Bodenpersonals unter Verspätungen und Flugausfällen.

Warnstreik an Berliner Flughäfen: Eine Passagierin geht in der Abfertigunghshalle des Flughafens Berlin-Schönefeld an einer Anzeigentafel vorbei, auf der verspätete oder gestrichenen Flüge angezeigt werden. (Foto: dpa)

Nach sechs Stunden beendete das Bodenpersonal auf den zwei Berliner Flughäfen den Warnstreik. Wie ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi mitteilte, hatten mehrere hundert Beschäftigte der Firmen GlobeGround Berlin, Ground Service International und Acciona von vier Uhr bis zehn Uhr die Arbeit niedergelegt.

Besonders betroffen war der Flughafen Schönefeld. Dort sollten nach Angaben von Verdi 22 Flüge ausfallen.

Die Fluglinie Easyjet kritisierte die Warnstreiks scharf: "Unsere Fluggäste, Tausende Berlin-Besucher und Geschäftsreisende haben keinerlei Verständnis für diesen Streik", sagte Deutschland-Geschäftsführer Thomas Haagensen.

In Tegel fielen ersten Angaben des Flughafens zufolge vier Flüge aus. Am Morgen legten dort zwar etwa 500 Gewerkschaftsmitglieder die Arbeit nieder. Air Berlin und Lufthansa hatten aber für Ersatzkräfte gesorgt. Es kam dort aber wie in Schönefeld auch zu Verspätungen bei einzelnen Flügen.

Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern waren zuvor in fünf Runden ohne Ergebnis gelieben. Dabei gehe es um Einkommensverbesserungen, Einbeziehungen in Tarifverträge aber auch Kürzungen der Tarifgehälter.

Nach einer Reihe von Selbstmorden von Beschäftigten will auch der US-Computerhersteller Dell die Arbeitsbedingungen bei seinem Zulieferer Foxconn in China unter die Lupe nehmen.

"Wir untersuchen die Berichte", sagte eine Dell-Sprecherin. Wenn nötig würden "angemessene Maßnahmen" ergriffen. "Wir erwarten von unseren Zulieferern die gleichen hohen Standards wie in unseren eigenen Werken", fügte die Sprecherin hinzu.

Am Foxconn-Standort in der südchinesischen Stadt Shenzhen haben sich seit Beginn des Jahres bereits elf Arbeiter das Leben genommen. Arbeitsrechtsorganisationen machen den hohen Druck bei gleichzeitig schlechter Bezahlung verantwortlich.

Der taiwanische Hersteller Foxconn produziert neben Dell auch für Hewlett-Packard und baut für den US-Computerkonzern Apple das iPhone. Medienberichten zufolge greift Foxconn nach der Suizidserie inzwischen zu drastischen Mitteln: Die Beschäftigten erhielten demnach einen Brief, in dem sie sich schriftlich verpflichten müssen, sich nicht selbst zu töten.

Die Beschäftigten erlaubten mit ihrer Unterschrift dem Unternehmen zudem, sie "zum eigenen Schutz und dem anderer" in eine psychiatrische Klinik zu schicken, sollten sie in einer "anormalen geistigen oder körperlichen Verfassung sein".

Gebäude des Unternehmens wurden mit Netzen verhängt, um Todesstürze zu verhindern.

Das Bundeskartellamt hat nach knapp vier Monaten Prüfung die Übernahme der Karmann-Dachsparte durch den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna untersagt.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) äußerte sich mit Unverständnis. "Ich halte die Entscheidung des Kartellamts für falsch, das Amt verkennt die Lage."

Kartellamts-Präsident Andreas Mundt begründete das Nein der Wettbewerbshüter damit, dass der Zusammenschluss von Magna und Karmann in einem bereits hochkonzentrierten Markt dazu geführt hätte, dass europaweit nur noch zwei große Anbieter von Cabrio-Dachsystemen existierten.

Neueintritte in den Markt seien sehr unwahrscheinlich. "Eine derartige Beeinträchtigung des Wettbewerbs konnten wir nicht zulassen", sagte Mundt. Den Preis dafür würde am Ende der Verbraucher in Form von höheren Preisen zahlen müssen.

Das Bundeskartellamt habe die Besonderheiten angesichts der Insolvenz des Osnabrücker Zulieferers Karman intensiv geprüft und gewürdigt. "Wir sind uns der prekären Lage des Unternehmens durchaus bewusst", betonte Mundt. Bei der Entscheidung sei aber ausdrücklich berücksichtigt worden, dass das Marktpotential der Cabriodachsparte des Unternehmens Karmann offensichtlich vorhanden ist.

"Neben Magna gab und gibt es hierfür nach unseren Erkenntnissen mehrere ernsthaft interessierte Bieter", erklärte der Chef der Behörde. Wulff sagte dagegen: "Damit ist den Arbeitnehmern die nachweislich beste Perspektive genommen worden."

Auch die Gewerkschaft IG Metall kritisierte die Entscheidung. Es geht um rund 700 Arbeitsplätze bei Karmann in Osnabrück und im polnischen Zary. Ein Kaufvertrag war bereits geschlossen. Berichten zufolge beträgt der Preis 20 Millionen Euro. Wulff will jetzt eine Ministererlaubnis durch den Bundeswirtschaftsminister und ein Klageverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf prüfen lassen.

Die Preise in Deutschland haben im Mai leicht angezogen. Auf der Grundlage vorläufiger Zahlen nannte das Statistische Bundesamt eine Inflationsrate von 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Eine noch höhere Teuerung hatte es zuletzt im November 2008 mit 1,4 Prozent gegeben. Sie liegt aber immer noch weit unter dem von der Europäischen Zentralbank zur Währungsstabilität anvisierten Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent.

Verantwortlich für den Anstieg waren vor allem die höheren Preise für Heizöl und Kraftstoffe, während der niedrigere Gaspreis inflationsdämpfend wirkte, wie das Bundesamt berichtete. Im April hatte die Teuerung noch bei 1,0 Prozent gelegen nach deflationären - damit unter der Null-Marke liegenden - Werten im vergangenen Sommer. Im direkten Vergleich von April zu Mai 2010 legten die Preise um 0,1 Prozent zu, wobei Nahrungsmittel sogar etwas billiger wurden.

Einer Analyse der Commerzbank-Volkswirte zufolge sind die in Folge der Euro-Krise diskutierten Inflationssorgen in Deutschland mittelfristig unbegründet. Mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate sei nicht zu rechnen. Auch die Experten der Unicredit rechneten für das Gesamtjahr in Deutschland mit einem Wert um 1,0 Prozent. Im Euroraum werde die Teuerungsrate deutlich unter dem EZB-Ziel bleiben, hieß es weiter bei der Commerzbank.

Die wesentlich vom Dollarkurs bestimmten steigenden Energiepreise könnten von im Preis nachgebenden Produkten und Dienstleistungen aufgefangen werden, berichteten die Commerzbank-Experten. Die Kernteuerungsrate ohne Energie und Nahrungsmittel werde in den kommenden Monaten leicht sinken. Im Mai lag sie um 0,7 Prozent über dem Wert aus dem Vorjahr. Dabei stiegen die Effektivlöhne kaum und die Produktionsanlagen blieben weiterhin nicht ausgelastet.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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